Immer mehr Deutsche leiden an Syphilis
Veröffentlicht am 11.12.2015 • Von Giovanni Mària
Krank durch Sex: Immer mehr Deutsche leiden an Syphilis
Syphilis - gibt es die noch? Die einstige Massenerkrankung schien in Deutschland fast verschwunden. Seit einigen Jahren aber steigen die Fallzahlen rasant, vor allem in der Schwulenszene der Großstädte.
Sie entsteht im Verborgenen: Weil die Syphilis zu Beginn oft weder sichtbar noch schmerzhaft ist, bleibt die Bakterieninfektion zunächst häufig unentdeckt. Der Erreger aber nutzt die Zeit, um sich im ganzen Körper zu verteilen. Anschließend können rote Flecken an Handflächen und Fußsohlen auf die Krankheit hinweisen, die viele Wochen zuvor beim Sex ihren Anfang nahm.
2014 stieg die Zahl gemeldeter Syphilis-Fälle in Deutschland auf einen neuen Höchstwert. Ärzte berichteten von 5722 Neudiagnosen, wie das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin kürzlich mitteilte. Demnach wächst die Zahl der Betroffenen seit 2010 kontinuierlich - auch im ersten Halbjahr 2015 hielt der Trend an.
Am stärksten betroffen ist die Schwulenszene. Ein Großteil der Infektionen (84 Prozent) entstand laut RKI vermutlich, als Männer Sex mit Männern hatten. Hinzu kommt der Faktor Großstadt: Berlin liegt bei den Fallzahlen bundesweit klar vorn. Dort infizierten sich 2014 pro 100.000 Einwohner 31 neu mit dem Erreger - mehr als viermal so viele wie im deutschen Durchschnitt. Hamburg steht mit 19,7 Meldungen je 100.000 Einwohner an zweiter Stelle.
Doch auch wer außerhalb von Großstädten wohnt, ist vor einer Ansteckung nicht gefeit. Knapp ein Drittel der Meldungen stammen laut RKI aus Orten mit weniger als 100.000 Einwohnern. "Wir vermuten, dass es für Männer leichter geworden ist, durch das Internet beispielsweise, andere Männer kennenzulernen", sagt Viviane Bremer, RKI-Expertin für sexuell übertragbare Infektionen.
Rückgang des Safer Sex
Eigentlich glaubten Experten, Syphilis in Deutschland unter Kontrolle zu haben. Mit der Verbreitung von Safer-Sex-Kampagnen und der Nutzung von Kondomen in den Achtzigerjahren gingen die Fallzahlen zurück. Inzwischen aber lässt sich das HI-Virus mit modernen Medikamenten im Körper so weit zurückdrängen, dass auch bei ungeschütztem Sex kaum Ansteckung droht. Rühren die nach oben geschnellten Syphilis-Zahlen daher? Ja, glauben manche.
Die Aids-Hilfe erwartet in Kürze neue Studienergebnisse und will nicht spekulieren. Klar ist aber auch, dass HIV-Medikamente nur vor einer Weitergabe des Virus schützen können, wenn sie konsequent Tag für Tag eingenommen werden. Wer nicht in einer festen Partnerschaft lebt, kann nur auf Kondome vertrauen.
Hat jemand ein Syphilis-Geschwür, kann der Erreger sehr leicht weitergegeben werden. Den Betroffenen schmerzt die Stelle nicht, sie sondert aber eine klare und hoch ansteckende Flüssigkeit ab. Trifft das Sekret auf eine kleine Wunde oder eine Schleimhaut - auch im Mund - kann das Bakterium in den Körper eindringen.
"Wir müssen früher diagnostizieren"
Die RKI-Zahlen legen für Armin Schafberger, Medizin-Referent bei der Deutschen Aids-Hilfe, noch ein anderes Problem offen: "Wir müssen früher diagnostizieren." Nur in etwa einem Drittel der Fälle wurde Syphilis in einer frühen Phase festgestellt. Mindestens einmal jährlich sollten gefährdete Personen zu einem vorbeugenden Test, rät die Aids-Hilfe. Den bezahlt die Kasse allerdings nur, wenn Symptome vorhanden sind.
Zu den Beschwerden zählen Geschwüre etwa an Penis oder Scheide aber auch am Anus oder im Mund, sie sind das erste Anzeichen für die Infektion. In der zweiten Phase kann es zu Fieber und geschwollenen Lymphknoten kommen, ein weiteres Anzeichen ist ein Hautausschlag an Rumpf, Handflächen und Fußsohlen.
Erst bei Beschwerden zu handeln, hält Schafberger für zu spät - eben weil die Krankheit so oft unbemerkt bleibt. Bei Kontrollen würden oft auch weitere sexuell übertragbare Erreger festgestellt, Chlamydien und Gonokokken etwa. In anderen EU-Ländern sieht es dem RKI-Bericht zufolge sowohl beim Zugang zu Tests als auch spezifischen Untersuchungen weit besser aus.
Behandeln lässt sich die bakterielle Infektion übrigens gut, in der Regel verschreiben die Ärzte das Antibiotikum Penicillin. Rechtzeitig eingesetzt kann es die Krankheit vollständig heilen. Wird die Infektion jedoch lange Zeit nicht therapiert, drohen lebensbedrohliche Spätfolgen.
Quelle: spiegel.de
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