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Chirurgen sollen sich auf Anschläge vorbereiten
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Abgemeldeter Nutzer
30.04.16 um 21:57
Hätte gedacht, dass Ärzte im Studium lernen, wie sie Schussverletzungen behandeln können...
Werden dafür bisher nur Militärärzte ausgebildet?
Gruß
Verena
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Abgemeldeter Nutzer
Chirurgen sollen sich auf Anschläge vorbereiten
Nach einem Anschlag wie in Paris müssen Hunderte Verletzte versorgt werden. In Seminaren sollen Ärzte jetzt lernen Explosionsverletzungen zu behandeln. Auch Abläufe sollen besser trainiert werden.
Sie waren vorbereitet. Als das Telefon um halb zehn am Abend im Assistance Publique-Hopitaux de Paris (APHP) klingelte, wussten alle sofort, was zu tun ist. Sie hatten es geübt, viele Male, zuletzt an diesem Morgen, dem Morgen des 13. November 2015.
Es hatte eine Explosion gegeben, dann fielen Schüsse, die Attentäter richteten ein Blutbad bei einem Rockkonzert an. Der Krisenstab des APHP entschied schnell und löste den Notfallplan aus.
Mit dem Plan können fast 100.000 Ärzte, Pflege und andere Helfer in 40 Krankenhäusern koordiniert werden. Am Tag des Pariser Terroranschlags wurden zusätzlich Klinken außerhalb der Stadt und zehn Helikopter alarmiert, um die Verletzten zu transportieren. Psychiater und Psychologen fuhren sofort in ein zentrales Krankenhaus und richteten dort ein psychologisches Notfallzentrum ein. Mehr als 250 Verletzte wurden sicher in Kliniken gebracht. Um Mitternacht hatten bereits 35 lebensrettende Operationen stattgefunden.
Ärzte sollen für Terroranschläge besser geschult werden
Die Reaktion des medizinischen Personals nach den Terroranschlägen von Paris gilt als vorbildlich. Auch in Deutschland sind Krankenhäuser verpflichtet, einen Notfallplan für "Großschadensereignisse" aufzustellen. Aber um auf ein Ereignis wie das vom 13. November 2015 vorbereitet zu sein, braucht es mehr als einen Plan in der Schublade, warnt Heinz-Johannes Buhr, Sekretär der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV). Die Abläufe müssten regelmäßig geübt werden – so, wie es in Paris getan wurde. Und die Ärzte sollten besser geschult werden für die Art von Verletzungen, die eine Bombe Menschen zufügen kann.
"Schuss- und Explosionsverletzungen werden im Studium nicht gelehrt", sagt Buhr. "Die meisten deutschen Chirurgen haben so etwas noch nie gesehen." Der ehemalige Charité-Professor will das ändern. Gemeinsam mit der Bundeswehr organisiert er seit Januar dieses Jahres Seminare für Ärzte und Pfleger. Ein "Großschadensereignis" – das ist für Unfallchirurgen hierzulande zum Beispiel ein großer Autounfall oder ein Zugunglück mit vielen Verletzten.
Doch deren Leiden ließen sich mit denen nach einer Bombenexplosion nicht vergleichen, sagt Buhr. Militärärzte unterscheiden dabei fünf Phasen, die jeweils andere Verletzungen hervorrufen. So erzeugt einen Bombe zunächst eine enorme Druckwelle. Bei den Opfern können innere Organe reißen oder das Trommelfell platzen. Auch der plötzliche Druckabfall im Anschluss ist gefährlich. Ähnlich wie bei einem Taucher, der zu schnell auftaucht, kann die Lunge reißen. Das Tückische: Solche inneren Verletzungen sind nicht unbedingt sichtbar. "Die Ärzte müssen genau wissen, worauf sie die Patienten untersuchen sollten", sagt Buhr.
Ganz unterschiedliche Verletzungen im Fokus
Andere Verletzungen werden in der zweiten Phase von herumfliegenden Trümmern verursacht. Nägel, Splitter oder andere Teile verursachen Schnittverletzungen, Platzwunden oder auch Organ- und Gefäßverletzungen.
Die dritte Art Verletzungen entsteht, weil Opfer in der dritten Phase von der Druckwelle weggeschleudert werden. Die Folgen sind Brüche und Prellungen. Hitze und Rauch verursachen in Phase vier zusätzlich Verbrennungen oder Vergiftungen. "Und schließlich gibt es Dinge, an die man gar nicht denken würde", sagt Buhr, und meint Phase fünf, in der es um Folgen geht, die nur indirekt mit der Explosion zusammenhängen – etwa, wenn giftige Chemikalien auslaufen.
Buhr hat gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft für Militär- und Notfallchirurgie und dem Sanitätsdienst der Bundeswehr ein Seminarkonzept entwickelt, das Chirurgen das notwendige Fachwissen vermittelt. Dort spreche man auch darüber, worauf es bei einem Notfallplan ankomme. Wie etwa die Ärzte und Rettungskräfte in die Krankenhäuser kommen, wenn die Innenstadt wegen eines Anschlags abgesperrt ist.
Gerüchte innerhalb einer Klinik minimieren
Entscheidend ist auch ein ausgeklügeltes Kommunikationskonzept: Wie geht man mit der Öffentlichkeit um? Wer betreut Angehörige? Auch innerhalb der Krankenhäuser dürften keine Gerüchte aufkommen, sagt Buhr: "Was meinen Sie, was passiert, wenn kolportiert wird, dass die Opfer verstrahlt oder mit einer ansteckenden Krankheit infiziert sind?"
Je routinierter Ärzte und Pfleger mit diesen Informationen umgehen, desto besser können sie im Ernstfall reagieren, betont Buhr. In der Verantwortung, das Personal schulen zu lassen, sieht er die Krankenhäuser. Sie müssten das Prozedere auch regelmäßig üben.
Das richtige Timing sei der Schlüssel zu einem gelungenen Krisenmanagement gewesen, schrieb der Generaldirektor des APHP Martin Hirsch nach den Anschlägen in der Zeitschrift "The Lancet". In Paris agierten alle Beteiligten schnell, arbeiteten Hand in Hand. Sie hatten es trainiert, allein drei Mal in den beiden Jahren vor den Anschlägen, zuletzt wenige Stunden, bevor die ersten Schüsse fielen.
Probealarm in Berlin für großen Unfall
Auch in Deutschland sind solche Übungen vorgesehen. In Berlin gab es erst vor knapp zwei Wochen einen Probealarm mit 500 Verletzten, sagt Angela Kijewski, Pressesprecherin des Unfallkrankenhauses Berlin. Dort fühlt man sich gut vorbereitet auf einen Fall, von dem man natürlich hofft, dass er nie eintritt. Jörg Beneker, Leiter der Rettungsstelle, hat das Berliner Notfallkonzept mitentwickelt. Man trainiert allerdings nicht speziell für einen Terroranschlag, sagt er. Stattdessen habe jede Übung einen anderen Schwerpunkt: die Kommunikation zwischen Feuerwehr, Polizei und Krankenhäusern etwa oder die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg.
Angela Kijewski erinnert sich an mehrere Übungen in den vergangenen drei Jahren. "Die Telefonanlage ruft dann automatisch bei allen Mitarbeitern an, damit sie sofort ins Krankenhaus kommen."
Auf die Art der Verletzungen seien die Chirurgen am Unfallkrankenhaus gut vorbereitet. Es ist eine der ersten Adressen, wenn es in der Hauptstadt einen schweren Autounfall gab, wenn jemand angeschossen wurde oder aus einem Fenster gefallen ist.
Wer wird als erster gerettet, wer nicht?
Eine größere Herausforderung sei das sogenannte Triage-System, sagt Gerrit Matthes, Oberarzt der Klinik für Unfallchirurgie. Bei einer großen Anzahl Verletzter muss einer entscheiden, wer zuerst behandelt wird. Für Ärzte ist das eine besondere Belastung, schließlich wollen sie am liebsten alle retten, die in die Klinik kommen.
Was in Großstädten bereits gut laufe, müsse auch in kleineren Krankenhäusern zur Selbstverständlichkeit werden, sagt Heinz-Johannes Buhr. Auch wenn er sich – so wie alle anderen – wünscht, dass das Wissen nie zur Anwendung kommt.
Gesehen auf: welt.de
Gruß vom
Jonas