Lupus Nephritis mit 21: Informiert euch und wagt, nach Hilfe zu fragen
Veröffentlicht am 01.10.2018 • Von Louise Bollecker
Anne, 31 Jahre, ist Mitglied unserer englischen Plattform und erhielt vor 10 Jahren die Diagnose Lupus. Seitdem kämpft die junge Frau, die mit ihrem Mann in Kanada lebt, dafür, ihre Krankheit mit einem aktiven und gesunden Lebensstil in Einklang zu bringen. Anne hat ihre Ernährung an die Erkrankung angepasst und teilt ihre leckeren Rezepte (auf Englisch) auf ihrem Blog “Eat Your Seeds”.
Wie wurde bei Ihnen Lupus Nephritis diagnostiziert?
Ich erhielt die Diagnose 2008, eine Woche vor meinem Uni-Abschluss und zwei Wochen vor meinem 21. Geburtstag. Genau wie die meisten anderen Lupus-Patienten wies ich Symptome auf, die vielen Krankheiten ähneln. Ich war sehr müde, hatte Halsschmerzen, die Symptome einer Grippe… Ich erinnere mich noch daran, wie ich damals im Park saß zum Lernen und nach ein paar Stunden in der Sonne so müde war, dass ich es nicht mehr aushielt und nach Hause gehen musste. Anschließend habe ich stundenlang geschlafen! Ich hatte das Gefühl, dass ständig eine schwere Decke auf mir liegt, ich bekam kaum noch die Augen auf.
Kannten Sie die Krankheit vorher? Wie haben Sie reagiert?
Nein, ich hatte keine Ahnung, was Lupus ist, meine Familie und Freunde ebenso wenig. Ich durchlief viele Tests und Untersuchungen wie Röntgenbilder, Ultraschall, Bluttests, Urintests und eine Biopsie, bis ich letztendlich bei einem Nierenspezialisten landete. Als er mich anrief um mir die Diagnose mitzuteilen, absolvierte ich gerade ein Praktikum im PR-Bereich. Ich verbrachte meine Mittagspause damit, nach Informationen über Lupus zu suchen.
So richtig wurde mir aber erst alles bewusst, als ich dann bei dem Nierenspezialisten saß. Ich begann zu weinen und mein Vater, der auch dabei war, war zutiefst besorgt.
Das war - und ist es auch immer noch - der schwierigste Aspekt meiner Krankheit. Ich fühle mich psychisch stark und kann mit dem Lupus umgehen, aber meine besorgte Familie zu sehen, das ist das Schlimmste…
Wie wurden Sie zu Beginn behandelt? Verspürten Sie Nebenwirkungen?
Oh je, da könnte ich Ihnen stundenlang berichten…
Zu Beginn erhielt ich eine extrem hohe Dosis an Steroiden: unter anderem Mycophenolat (MMF), ein Medikament was nach Organtransplantationen verschrieben wird, damit der Körper das neue Organ nicht abstößt, Irbesartan gegen den hohen Blutdruck und Lansoprazol um meinen Magen beim Vertragen all dieser Medikamente zu unterstützen.
Die Wirkung machte sich sofort bemerkbar, aber die Nebenwirkungen waren entsetzlich. Ich litt auf einmal unter Stimmungsschwankungen, Depressionen, Angstzuständen, Muskelschmerzen, Schlaflosigkeit, Gewichtszunahme, Magenschmerzen, Magen-Darm-Problemen, anhaltendem Husten, Ausdünnung und Schwächung der Haut führten zu Dehnungsstreifen, Blähungen, Wassereinlagerungen... Zum Glück haben die Nebenwirkungen nachgelassen und meine Nieren sich stabilisiert, aber ich werde mein ganzes Leben lang Medikamente einnehmen müssen.
Wie sieht ihre Behandlung heute aus?
Ich nehme 6 Medikamente morgens und 4 abends gegen meine Müdigkeit, Bluthochdruck und für meine Nieren. Ich nehme außerdem Vitamin D, Calcium und Vitamin B12 als Nahrungsergänzungsmittel. Anfangs sah ich den Nierenspezialisten jeden Monat, mittlerweile nur noch alle 6 Monate.
Ich war immer zufrieden mit meiner Behandlung, aber je mehr Zeit vergeht, desto mehr Fragen stelle ich mir. Ich finde, dass die Arzttermine einfach zu kurz sind, 10-15 Minuten alle 6 Monate bei einer unheilbaren Krankheit, die noch dazu relativ unbekannt ist - das reicht bei langem nicht!
Wie hat die Krankheit Ihren Alltag verändert? Was war für Sie am schwierigsten zu akzeptieren
Nach der Diagnose arbeitete ich 6 Monate lang, dann habe ich ein Jahr lang eine Auszeit genommen. Während dem Jahr hat sich mein Zustand stabilisiert und mein Körper sich an die Medikamente gewöhnt. Nach dem Jahr konnte ich wieder arbeiten, zum Sport gehen, Freunde treffen, eben alles was ein Mädchen mit 21 so macht.
Ich bin hartnäckig, nach ein paar Monaten voller Selbstmitleid war ich wieder zurück im Leben. Im Laufe der Zeit habe ich begonnen, mich immer mehr für meine Gesundheit auf lange Sicht zu interessieren.
Ich habe meinen Fleischkonsum stark eingeschränkt (wegen meiner Blutarmut esse ich nur noch einmal pro Woche Fleisch), ich ernähre mich außerdem glutenfrei und ohne Milch. Ich habe sogar einen Blog mit Rezepten für Leute erstellt, die eine strenge Diät einhalten müssen. Ich mache viermal pro Woche Yoga und Pilates, plus zwei Unterrichtsstunden pro Woche mit einem Coach. Ich sorge dafür, so stark wie möglich zu sein, um ein langes Leben mit möglichst wenig Schmerzen zu leben. Mit der Zeit wird mein Körper empfindlicher. Ich vertrage zum Beispiel seit einem Jahr keine Tomaten mehr. Meine Nieren funktionieren nur noch zu 40% ihrer Kapazität …
Welche Herausforderungen stehen Ihnen noch bevor?
Mein Mann und ich müssen uns mit der Kinderfrage beschäftigen. Die Spezialisten haben mir gesagt, dass es mit Sicherheit sehr schwierig für uns wird, ein Kind zu bekommen. Aber die Krankheit fällt je nach Patient(in) so unterschiedlich aus, dass es sehr schwierig ist im Vorfeld zu wissen, wie eine Schwangerschaft sich auf Mutter und Kind auswirken würde…
Welche Ratschläge würden Sie anderen Personen geben, die unter Lupus leiden?
Recherchiert selbst und zögert nicht, alternative Therapien hinzuzuziehen. Mir persönlich hilft die Akupunktur zum Beispiel sehr gut. Zur Einstellung meiner Ernährung habe ich mit einen Naturopathen gearbeitet, was sehr hilfreich war. Informiert euch über Nahrungsmittel, die man mit Autoimmunerkrankungen vermeiden sollte. Und zu guter Letzt: Falls ihr aufgrund der Krankheit Freunde verlieren solltet, dann seid nicht traurig, sondern seid euch bewusst, dass ihr ohne diese negativen Personen im Leben besser dran seid.
Wir danken Anne herzlich für dieses Interview und würden uns freuen, Ihre Stimmen dazu zu hören.
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