«
»

Top

Covid-19, eine Atemwegserkrankung?

Veröffentlicht am 16.12.2020 • Aktualisiert am 17.12.2020 • Von Doriany Samair

Covid-19 steht im Mittelpunkt der Nachrichten: Jeden Tag sehen wir uns vielen Informationen gegenüber. Es gibt massig Artikel und niemals war eine Krankheit, die vor einem Jahr noch komplett unbekannt war, Gegenstand so vieler wissenschaftlicher Veröffentlichungen. Um dieses Gemisch aus Informationen und Fake News einordnen zu können, klärten unsere Experten während des siebten wissenschaftlichen Komitees von Carenity alles auf.

Aber was sagt das wissenschaftliche Komitee von Carenity über Covid-19? Inwiefern ist Covid-19 eine Atemwegserkrankung?

Covid-19, eine Atemwegserkrankung?

Ist Covid-19 eine Atemwegserkrankung?

Detailbetrachtung der Pathophysiologie von Covid-19

Art des Virus und Beschreibung:

Das für die aktuelle Pandemie verantwortliche Virus Covid-19 (COronaVIrus Disease 2019) trägt den wissenschaftlichen Namen SARS-CoV-2. Es gehört zur Familie der Coronaviren (CoV), deren Name mit dem Vorhandensein einer Krone auf der Oberfläche zusammenhängt, die die Viren dieser Familie gemein haben. Sie sind für mehr oder minder schwere Virusinfektionen verantwortlich. Es wurde als „SARS-Cov-2“ identifiziert, da es nicht das erste Virus dieser Familie ist, mit dem sich Menschen identifizieren. SARS-Cov bezieht sich auf das Coronavirus, das für das schwere akute respiratorische Syndrom (SARS) verantwortlich ist, das 2002 in China aufkam und für eine tödliche Epidemie verantwortlich war. Ein anderes Virus derselben Familie tobte 2012 im Nahen Osten, genannt MERS-Cov.

Tatsächlich ist SARS-Cov-2 das siebte Virus in der Coronavirus-Familie, das als pathogen für den Menschen identifiziert wurde, d.h. in der Lage ist, Menschen zu infizieren.

Wie zeigt sich eine Beeinträchtigung der Atemwege?

Lungentropismus:

tHECUiUFpDRSltdZT1AwPdIlUlbASozGyeh0p_5PevjOOLdljfdxF3n_QiW8PK7xOqeZyh73Dzh8feUzbfN7i032uMQAYUCyIojINoTxShlQd2qT-TRImI7GC2rmxcUQczSLCP94

Figur 1. Lungentropismus - In-vitro-Aufnahme einer Zellinfektion der Atemwege mit SARS-Cov-2

Quelle: The New England Journal Of Medicine - SARS-Cov-2 Infection of airway cells


Bei symptomatischen Patienten steht Husten neben Fieber und Anosmie auf den ersten Plätzen der symptomatischen Formen.

Durch eine systematische Überprüfung von 148 Studien in 9 Ländern ist es möglich, die häufigsten Symptome der Krankheit einzuordnen:

  1. Fieber 78%
  2. Trockener Husten 57%
  3. Anosmie 25%
  4. Dyspnoe 23%
  5. Müdigkeit 31%

Quelle: SARS-COV 2,“pathogenesis, and Advancements in Diagnostics and Treatments”.

Ein schwerer Verlauf von Covid-19 oder „schwerer Covid-19“ wird in der folgenden Abbildung dargestellt und zeigt den gesamten Verlauf der Pathologie.

q8Sqe86kIjRy_I6L1zfWumXncO8ltCPeLKGKJ9QZx9SYRdbMZoAc4sZZb_GhsX5veQCfouD9i103MQSh9zJCmCr8hQRhhVDi0TcAK2LouCYDP8JxBZwbTazzn3v5DhbBZlH-5dDX

Figur 2. Schwerer COVID

Quelle: New England Journal of Medicine, 2020.

Nach der sogenannten Inkubationszeit gibt es eine entscheidende Zeitspanne von sieben Tagen, in denen die ersten Symptome auftreten, häufig grippeähnliche Symptome, aber mit Husten. Am Ende dieser sieben Tage, falls Dyspnoe auftritt (und sie tritt bei ungefähr 40% der symptomatischen Patienten auf), wird davon ausgegangen, dass eine schwere Form der Krankheit vorliegt.

Covid-19 ist eine besondere Krankheit, da ein Patient mit Atemlosigkeit ein schwer erkrankter Patient ist, und dies ist eine wirkliche Neuheit bei viralen Lungenerkrankungen (durch Viren verursachte pulmonale Infektionen). Es unterscheidet sich von diesen anderen Erkrankungen durch seine schnelle Entwicklung, bei der plötzlich eine sogenannte Sauerstoffentsättigung auftreten kann.

Die klinische Praxis zeigt die Existenz einer sogenannten „freudigen Dyspnoe“: Der Patient ist kurzatmig oder „dyspnoisch“, alarmiert aber nicht unbedingt seine Umgebung oder das medizinische Personal, da er sich der Schwere dieser Symptome nicht bewusst ist. Dieser dyspnoische Patient kann sich jedoch schnell im Zustand einer Entsättigung befinden, da ohne Vorwarnung seine Atmung nicht überwacht wurde. Aus diesem Grund findet ein Krankenhausaufenthalt ab Beginn der Dyspnoe fast systematisch statt: Die Überwachung zu Hause reicht nicht aus und dies erklärt auch das momentane Problem der Anzahl der Krankenhausbetten.

Dahingegen zählt man bei symptomatischen Patienten: 14% erfahren einen schweren Verlauf und 5% müssen auf die Intensivstation.

Wurde eine charakteristische Beeinträchtigung der Lunge nachgewiesen?

Spezialisten weisen auf „charakteristische“ Lungenschäden auf Röntgenbildern hin. Unter "charakteristisch" versteht man die Hervorhebung von Röntgenbildern, die das medizinische Personal im aktuellen Kontext zur Diagnose Covid-19 führen. Man beobachtet das Vorhandensein von fokalen, bilateralen, symmetrischen Trübungen, die vor allem an den Lungenbasen zu erkennen sind.

7nKLf5KA-d0BkAdU2-kLCh7j62CfAF91JQAm92QpDce3TPLrW2PtJefFflmbv9CmD7118Osy4YMKP1xgFw9WaZnFnOA2qyStL3udUR4hmal4zmvPuk8T4tLgnA4Rf9of0gFuUt7t

Figur 3. Charakteristisches Thorax-Röntgenbild bei Covid-19

Quelle: Severe Covid-19 -Source : New England Journal of Medicine, 2020.

Derzeit wird keine Differentialdiganose erwähnt, da die Wahrscheinlichkeit einer Covid-19-Infektion hoch ist. Dies könnte jedoch nach dieser Krise diskutiert werden. Im Moment sind es Bilder, die eine biologische Diagnose ermöglichen, das heißt die Suche nach Gewebe oder biologischen Flüssigkeiten.

Häufige Komorbiditäten

Covid-19 ist eine Atemwegserkrankung, die nicht primär bei Atemwegspatienten auftritt. In der Tat vermuteten Pneumologen, dass Asthmatiker besonders betroffen sein würden. Letztlich sind sie aber nicht am stärksten betroffen, sondern häufig gefundene Begleiterkrankungen sind Bluthochdruck (Hypertonie), Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes Typ 1 und Typ 2, Nierenerkrankungen sowie Fettleibigkeit.

Atemwegserkrankungen kommen erst danach. Als Erklärung lässt sich zum Beispiel bei Patienten mit Mukoviszidose anführen, dass diese Patienten an Barrieregesten sowie Distanz gewöhnt sind und sich aus Reflex zu schützen versuchen. Covid-19 ist somit eine Atemwegserkrankung, die Atemwegspatienten weniger betrifft und dies ist teilweise darauf zurückzuführen, dass sich diese Personen aus Gewohnheit fernhalten.


W3armD5Jmq8xeQQGg0K89NmN1uMkzO3WNuFCTemzdTDOF4zWK9jHe34w5Iat3ikU9qVrxAObjtj6956qBhDqSgEJxcatLaGq6iHKuSkqHKfOtpoHis-mW9wxZVJMt5vYxqbU9PpH

Figur 4. Häufigkeit der Komorbiditäten

Quelle: Review -More than Pneumonia distinctive features of SARS-Cov-2 Infection. From Autopsy Findings to Clinical Implications : A systematic Review

Eine Beeinträchtigung der Lunge durch charakteristische Mechanismen

Ein ziemlich simpler, aber düsterer Befund stützt die Existenz eines bestimmten Mechanismus beim Ausbruch der Krankheit. Es handelte sich um einen Vergleich autopsierter Lungen von an Influenza verstorbenen Patienten mit denen von an Covid-19 verstorbenen Patienten und jeweils parallel zu gesunden Lungen, um den Vergleich durch ein Zeugnis (Kontrolle) zu erweitern. 

Diese Studie hat eine wirkliche Lungenvaskulopathie (Schädigung der Lungengefäße) hervorgehoben. Es gibt tatsächlich eine intravasale Koagulopathie, die auf die Lunge beschränkt ist, was bedeutet, dass sich in den Lungenkapillaren Thromben (Blutgerinnsel) bilden. Ein Thrombus ist das Produkt einer unangemessenen und vorzeitigen Koagulation. Dieses Phänomen ist wahrscheinlich charakteristisch für Covid-19, da er von anderen pulmonalen Viruspathologien (da vielleicht kaum erforscht) her kaum bekannt ist.

All dies erklärt, warum die Verwendung von Antikoagulanzien die Behandlung von Krankenhauspatienten verändert hat. Die Vaskulopathie ist bei Covid-19 tatsächlich ausgeprägter als bei Influenza.

Dieselbe vergleichende Studie hob eine Überexpression von Genen hervor, die mit Vaskulopathie bei Covid-19 in Verbindung stehen, im Vergleich zu Influenza. Es ist daher diese pulmonale Gefäßkomponente, die man nicht unbedingt bei Influenza findet, die Covid-19 zu einer solch besonderen Pathologie macht.

Ein Großteil asymptomatischer Formen

Die asymptomatischen Formen sind a priori die Häufigsten: Laut INSERM sind 20-50% der infizierten Patienten asymptomatische Fälle. Diese Schätzung ist offensichtlich diskutabel, da es schwierig ist, diese Patienten zu identifizieren, da sie per Definition keine „erkennbaren Symptome“ aufweisen.

Dies wurde auch in einer Studie konstatiert, die sich mit dem japanischen Kreuzfahrtschiff Diamond Princess beschäftigt. Es gab einen wirklichen Cluster dieser Epidemie an Bord und jeder konnte getestet und behandelt werden.

An Bord befanden sich 3.700 Passagiere, von denen 712 infiziert und hiervon wiederum 410 asymptomatisch waren.

96 dieser asymptomatischen Patienten wurden genauer beobachtet (täglich mittels PCR getestet):

  • Von ihnen haben 11 innerhalb von vier Tagen Symptome entwickelt, was eine Variabilität beim Auftreten von Symptomen zeigt;
  • 20 % litten an Bluthochdruck;
  • 9% hatten Diabetes;

Dies unterstreicht auch, dass das Vorhandensein von Bluthochdruck oder bestehender Diabeteserkrankung nicht unbedingt zu schweren Fällen führt.

  • Die ältesten Patienten haben eine Viruslast, die sich am langsamsten verringert.

Diese Studie hebt hervor, dass das Alter ein Faktor für die Entwicklung der Viruslast sein könnte: Ältere Patienten haben nicht unbedingt die höchste Viruslast, sie nimmt aber langsamer ab. Je älter die Patienten sind (rosafarbene Kurve unten), desto schwieriger wird es, das Virus loszuwerden.

SUZJtm1gtu6-JfMGfXmvQVKSfu12deuS1gtS8xDfa5Z60cPZ34z8pNpy2dxaRCbuuP03Frp8T-Hu5rE4TDWCL7LPccVzQ8UzB5n8MSQGXC0xK0Ij_pMnoc3XALlUzM3kbuWMoolf

Figur 5. Kreuzungspunktwerte bei RT-PCR Tests von asymptomatischen Personen mit SARS-CoV-2-Infektion

Quelle: Natural history of Asymptomatic SARS-COV-2 Infection

Andere Erscheinungsformen außerhalb der Lunge

Neurologische Verbindungen mit COVID-19

Weltweit wurden nur wenige Fälle von Schädigungen des zentralen und peripheren Nervensystems gemeldet, insbesondere im Vergleich mit der Gesamtzahl der Erkrankten.

  • 8 beschrieben Fälle von Enzephalitis;
  • Enzephalopathien sind selten oder unspezifisch;
  • 3 Fälle von Enzephalomyelitis;
  • 19 beschriebene Fälle des Guillain-Barré-Syndroms, bei dem es sich um einen neurologische Beeinträchitgung durch Viren handelt;
  • 88 gemeldete Schlaganfälle, aber der letztliche Ursprung ist nicht bekannt.

Die häufigsten Beeinträchtigungen des periphären Nervensystems stellen jedoch Anosmie und Ageusie dar, was wahrscheinlich auf die Nähe der Nervenenden zu den oberen Atemwegen zurückzuführen ist. Sie kommen sehr häufig vor (86%), wenn danach gesucht wird.

Verbindungen zum Verdauungstrakt und zur Leber bei COVID-19

Durchfall tritt häufig auf, bleibt jedoch ein variables Symptom und ist nicht spezifisch für die Krankheit. Andere Verdauungssysmptome wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Appetitlosigkeit treten ebenfalls auf: Dies sind jedoch Symptome, die der Krankheit auf unspezifische und relativ unbedeutende Weise zugeordnet sind.

Darüber hinaus werden Leberanomalien beschrieben, die aber nicht spezifisch sind und das respiratorische Syndrom begleiten. Es gibt auch spezifische Nieren- und kardiologische Störungen, die in der medizinischen Literatur beschrieben wurden.

Wie wird Covid-19 heute behandelt?

Zum aktuellen Zeitpunkt existiert keine spezifische antivirale Behandlung für die Krankheit. Laufende Studien untersuchen Kombinationen von Virostatika.

Es geht darum, die Symptome zu lindern, damit sich die Infektion auf natürliche Weise bessern kann.

Gleichzeitig hängt die Behandlung auch von der Schwere der Erkrankung ab: Im Krankenhaus kann eine Sauerstofftherapie zur Behandlung der Atemnot angewandt werden, zu der je nach Zustand des Patienten Kortikosteroide sowie Antikoagulanzien hinzugefügt werden.

Es sollte angemerkt werden, dass Kortikosteroide (denen gegenüber zu Beginn der Epidemie, besonders während der ersten Welle, Misstrauen entgegengebracht wurde) wirksam zu sein scheinen, wenn ein akutes Atemnotsyndrom vorliegt (somit künstlich beatmete, intubierte und beatmete Patienten). Eine Kortikosteroidtherapie ist jedoch bei weniger schweren Fällen nicht wirksam. Zahlreiche Studien zeigen, dass Dexamethason und Hydroxycortison die Mortalität bei schweren Fällen von COVID-19 signifikant senken. Des Weiteren hat sich die Verwendung von Antikoagulanzien im Hinblick auf die thrombotische Komponente der Krankheit bewiesen.

Fazit

Zusammenfassend ist zu sagen, dass es sich um eine Atemwegserkrankung mit dominierenden Symptomen (Husten, Fieber und Anosmie) handelt, bei der Dyspnoe einen schwerwiegenden Faktor darstellt. Nach heutigem Kenntnisstand gibt es praktisch keine langfristigen Folgen, die das Lungengewebe betreffen. Die Patienten sterben zwar aufgrund eines Atemstillstands, aber es muss angemerkt werden, dass die erste Lungentransplantation bei einem französischen COVID-Patienten im Hôpital Foch in Suresnes durchgeführt wurde und, dass es weltweit nur sehr wenige Transplantationen gab, gerade einmal ungefähr ein Dutzend.

War dieser Artikel für Sie hilfreich?

Gerne können Sie Ihre Gedanken und Fragen in den untenstehenden Kommentaren mitteilen!

Alles Gute


avatar Doriany Samair

Autor: Doriany Samair, Assistentin für digitales Marketing

Innerhalb des Digital Marketing-Teams ist Doriany für das Verfassen von Krankheitsinformationen und wissenschaftlichen Artikeln zuständig. Sie ist auch für die Moderation und Animation der Community auf dem Forum... >> Mehr erfahren

3 Kommentare


biggi1964 • Botschafter-Mitglied
am 16.12.20

vielen Herzlichen Dank für diese InformationenSie sind sehr interessant und wichtig


Jenny1
am 18.12.20

Danke!


Freddy
am 19.12.20

OK, das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Organschädigungen in vielfacher Form und sehr wichtig die neurologischen Ausfälle müssen noch umfassender untersucht werden.

Sie werden auch mögen

Die Macht der Gerüche über unsere psychische Gesundheit

Die Macht der Gerüche über unsere psychische Gesundheit

Den Artikel lesen
Weltgesundheitstag: Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen, der Schlüssel zum Gesundbleiben!

Weltgesundheitstag: Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen, der Schlüssel zum Gesundbleiben!

Den Artikel lesen
Impfungen gegen COVID-19: Informationen und Meinungen der chronisch Erkrankten

Impfungen gegen COVID-19: Informationen und Meinungen der chronisch Erkrankten

Den Artikel lesen
Welche Gefahren sind mit bestimmten rezeptfreien Medikamenten verbunden?

Welche Gefahren sind mit bestimmten rezeptfreien Medikamenten verbunden?

Den Artikel lesen

Meistkommentierte Diskussionen