Immer mehr Kinder und Jugendliche in Deutschland leiden unter Burnout
Veröffentlicht am 25.09.2015 • Von Giovanni Mària
Burn-out-Diagnose bei Kindern: Lea und Malte, völlig fertig
Zwei kranke Kinder, ein ärztlicher Befund: Burn-out. In Fachkreisen ist die Diagnose umstritten - doch Lea, 15, und Malte, 11, sind so erschöpft, dass sie sich aufgeben. Wie kann so etwas passieren? Und was hilft?
"Lea, wir wollen uns trennen."
Als Malte das erste Mal merkt, wie es sich anfühlt, bedrückt zu sein, ist er sechs und gerade eingeschult. Er ist langsamer als seine Mitschüler, fühlt sich allein. Malte sagt zu Wochenbeginn:
"Mama, ich bin krank. Ich will nicht zur Schule."
Ein Satz, der von nun an noch Hunderte Male fallen wird, so erinnert Maltes Mutter sich.
Lea und Malte sind zwei unterschiedliche Kinder. Was ihre Geschichte eint, ist ein im Laufe der Monate wachsendes Gefühl von Hilflosigkeit und ein ärztlicher Befund: Burn-out.
Das ist die Diagnose, die Michael Schulte-Markwort, Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie, nicht nur Lea und Malte, sondern immer mehr jungen Menschen stellt, die ihn in seinen Einrichtungen im Uniklinikum Hamburg-Eppendorf oder im Altonaer Kinderkrankenhaus aufsuchen. "Kinder können vor Erschöpfung ausbrennen", sagt der Arzt.
Betroffene Kinder leiden an starken Konzentrationsproblemen und Schlafstörungen. Sie haben das ständige Gefühl, kaputt und voller Sorgen zu sein, schreibt Schulte-Markwort in seinem Buch "Burnout-Kids".
Sein Befund "Burn-out" ist in Fachkreisen umstritten. In der "Internationalen Klassifikation der Erkrankungen" (ICD-10) steht Burn-out, anders als die Erschöpfungsdepression, nicht in der Liste offizieller Diagnosen.
"Hinter dem Begriff Burn-out verstecken sich oft depressive Störungen oder Angststörungen. Ist ein Kind von diesen betroffen, sollte man sie klar benennen", sagt Christine Freitag, Direktorin der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Uniklinik Frankfurt. In der Regel sei eine Behandlung der Störungen erfolgreich. Stephan Bender, Direktor der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Uniklinik Köln, sieht das genauso.
Schulte-Markwort sagt, für ihn seien Burn-out und Erschöpfungsdepression das gleiche. Sein Vorwurf an die Gesellschaft: Sie mache ihre Kinder krank. Erst das alarmierend klingende Wort Burn-out wecke eine Diskussion, für die es höchste Zeit sei.
Quelle: spiegel.de (Hier können Sie auch den ganzen Artikel lesen.)