Was ist ein Generikum? Und was ist der Unterschied zu einem Originalpräparat?
Veröffentlicht am 02.10.2020 • Aktualisiert am 05.10.2020 • Von Doriany Samair
Generika sind seit ihrem Erscheinen ein Diskussionsthema, und es ist manchmal schwierig, sich zurechtzufinden!
Vielleicht haben Sie diese Situation schon einmal erlebt: Wenn Sie Ihr übliches Medikament holen gehen, stellen Sie fest, dass es plötzlich durch ein anderes ersetzt wird. Und das erscheint Ihnen überraschend! Nachdem Sie den Apotheker befragt haben, haben Sie gerade erfahren, dass dies normal ist, dass das Molekül dasselbe ist, dass es aber aus irgendeinem unbekannten Grund von einem anderen Labor genutzt wird, das entschieden hat, dass die Schachtel blau statt rosa sein wird. Andererseits wird Ihnen gesagt, dass Sie die Differenz bezahlen müssen, wenn Sie die alte Version haben wollten. Warum sollte ich also für zwei Medikamente, die die gleiche Wirkung haben, für das eine mehr bezahlen müssen als für das andere?
Sie stellen sich wahrscheinlich eine Menge Fragen: erfahren Sie mehr in unserem Artikel!
Was ist ein Generikum? Und was sind die Unterschiede zu den so genannten Originalpräparaten?
Um das Konzept der Generika zu verstehen, muss man das Konzept der so genannten "Originalpräparate" verstehen. Zunächst einmal ist es wichtig zu verstehen, woraus ein Medikament besteht. Ein Wirkstoff chemischen oder natürlichen Ursprungs, der sich durch einen präventiven oder heilenden Wirkungsmechanismus auszeichnet. Und, in Verbindung mit diesem Wirkstoff, ein oder mehrere Hilfsstoffe, d.h. die Substanzen, die den Gebrauch und die Verabreichung des Medikaments erleichtern, aber keine heilende oder präventive Wirkung haben.
Das Originalpräparat ist also dieses Referenzpräparat, dem das Labor einen Markennamen gegeben hat und für das ein Patent angemeldet wurde.
Generika werden in Deutschland jährlich rund 500 Millionen Mal abgegeben. Weil sie die Kosten im Gesundheitswesen immens senken, gelten sie als unverzichtbar.
Um nun das Generikum vorzustellen, schlage ich vor, den Lebenszyklus eines Medikaments kurz zu erläutern.
Der Lebenszyklus eines Medikaments
Um eine Zulassung für ein Arzneimittel erhalten zu können, müssen von einem Pharmaunternehmer Unterlagen eingereicht werden, mit denen Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Qualität des Arzneimittels belegt werden, zum Beispiel durch eigene klinische Studien.
Eine Zulassung kann sowohl nur in Deutschland, gleichzeitig in mehreren Ländern oder unmittelbar in allen Ländern des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) beantragt werden.
Möchte ein Pharmaunternehmen sein Arzneimittel nur in Deutschland vermarkten, ist in den meisten Fällen das Bundesinsitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die zuständige Behörde.
Soll es in allen Ländern des EWR zugelassen werden, was zum Beispiel für Arzneimittel gegen schwere Erkrankungen wie Diabetes und Krebs erforderlich ist, wird die Zulassung über eine zentrale europäische Behörde, die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA), bearbeitet und durch die Europäische Kommission erteilt. Das BfArM stellt hierbei sehr häufig seine Experten zur Bewertung der Unterlagen zur Verfügung.
Das BfArM prüft, ob die mit dem Zulassungsantrag eingereichten Unterlagen die Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Qualität des Arzneimittels tatsächlich belegen. Alle Informationen und Hinweise, die für die sichere Anwendung des Arzneimittels wichtig sind, werden in einen Text für Patientinnen und Patienten, die so genannte Gebrauchsinformation, und in einen Text für Ärztinnen und Ärzte, die so genannte Fachinformation, übernommen. Der Text des Beipackzettels soll hierbei so formuliert sein, dass er von Patientinnen und Patienten leicht verstanden werden kann. Um dieses zu gewährleisten, muss der pharmazeutische Unternehmer hierfür einen Lesbarkeitstest durchführen. Dennoch ist es häufig schwierig, die vielen erforderlichen und häufig auch komplizierten Informationen einfach darzustellen.
Wenn eine Zulassung erteilt wird, gilt diese zunächst nur für fünf Jahre, in besonderen Fällen auch nur für ein Jahr. Nach fünf Jahren ist zu prüfen, ob der medizinische Nutzen des Arzneimittels immer noch größer ist als dessen mögliche Risiken, z.B. aufgrund von Nebenwirkungen. Auch muss der Inhaber der Zulassung jede Änderung an dem Arzneimittel beim BfArM anzeigen. Größere Änderungen dürfen erst umgesetzt werden, nachdem das BfArM diesen zugestimmt hat.
Wie unterscheiden sich Generika und Originalpräparate?
Originalpräparate
Das sind Medikamente, die zum ersten Mal mit einem neuen Arzneistoff oder in einer besonderen Anwendungsform von forschenden Pharmaunternehmen auf den Markt gebracht werden. Sie tragen Markennamen und müssen ein aufwendiges und zugleich kostenintensives Zulassungsverfahren durchlaufen. Damit für forschende Pharmaunternehmer ein Anreiz besteht, neue Präparate auf dem Markt einzuführen, stehen Originalpräparate für einige Jahre, meist 10 Jahre, unter Patentschutz.
Generika
Das sind Nachahmerpräparate, die den Wirkstoff eines Originalpräparats enthalten. Die Hilfsstoffe können sich unterscheiden. Einige Originalanbieter produzieren auch die ihrem Originalpräparat entsprechenden Generika. Originalpräparate und Generika unterscheiden sich dann in der Zusammensetzung nicht, sondern nur in der Verpackung.
Manchmal unterscheiden sich auch die Anwendungsgebiete, wenn zum Beispiel ein Hersteller sich entscheidet, sein Präparat nicht für alle Indikationen zuzulassen.
Generika tragen meist nur den Wirkstoffnamen sowie zusätzlich den Herstellernamen. Auch für Generika gelten strenge Zulassungskriterien. Da der Originalanbieter allerdings schon umfangreiche Studien am Menschen durchgeführt hat, muss der Generikahersteller diese nicht wiederholen. Stattdessen müssen sogenannte Bioäquivalenzstudien durchgeführt werden, die die Vergleichbarkeit mit dem Originalpräparat bestätigen. Da sich der Generikahersteller auf die klinischen Prüfungen des Originalanbieters beziehen darf, dürfen Generika erst nach einigen Jahren auf dem Markt gebracht werden. Sie sind dann in der Regel preisgünstiger als die Originalpräparate.
Warum sind Generika viel günstiger?
Die Entwicklung eines neuen Arzneimittels erfordert von der Idee bis zur Markteinführung enorme Summen. Kosten in Millionen- und sogar Milliardenhöhe müssen sich im Lauf von 20 Jahren amortisieren. Dann läuft der Patentschutz aus und andere Firmen können das Medikament mit viel geringerem finanziellen Aufwand nachbauen. "Generikahersteller können zudem auf vorhandene Studien zurückgreifen und sich einen Teil der aufwendigen Zulassungsverfahren sparen", sagt Göran Donner, Vizepräsident der Sächsischen Landesapothekerkammer.
Wirken Generika genauso wie das Original?
Für Generika sind intensive Prüfungen vorgeschrieben. Dabei müssen ihre Hersteller nachweisen, dass das nachgebaute Präparat im Körper genauso wirkt wie das Original. In vergleichbarer Zeit muss eine vergleichbare Menge des Wirkstoffs an den Wirkort im Körper gelangen. "Die Unterschiede sollten also sehr, sehr gering sein", betont Pharmazieprofessorin Ulrike Holzgrabe von der Universität Würzburg.
Vereinzelt kann es durch andere Produktionsverfahren Unterschiede geben bei Wirkstoffen, die bereits in sehr niedriger Dosis besonders stark wirken. Dazu zählen beispielsweise manche Hormonpräparate. "Das kann in Ausnahmefällen tatsächlich kritisch sein, aber es bedeutet nicht, dass die Generika schlechter sind", so Holzgrabe. Schilddrüsenhormone sollten jedoch generell nicht ausgetauscht werden.
Warum bekomme ich in der Apotheke plötzlich ein anderes Generikum?
Das liegt vor allem an Rabattverträgen. Der Apotheker ist verpflichtet, dem Patienten das Medikament des Herstellers auszuhändigen, mit dem die zuständige Krankenkasse einen Vertrag geschlossen hat. Üblicherweise haben diese Verträge eine Laufzeit von zwei Jahren. Vor allem in der Übergangszeit kommt es dann häufiger zu Verunsicherungen und manchmal auch zu Lieferproblemen. So kann es sein, dass der Patient ausnahmsweise ein anderes Generikum bekommt.
"Vereinzelt beklagen Patienten in der Apotheke, dass das neue Medikament nicht so wirkt wie das ihnen bekannte Mittel", so Göran Donner. In 99 von 100 Fällen funktioniere es aber, ein Präparat gegen ein anderes auszutauschen, mit dem der Patient problemlos klarkomme. Ist dem nicht so, sollten Patienten mit ihrem Apotheker und gegebenenfalls auch mit ihrem Arzt über die Schwierigkeiten sprechen. Keinesfalls darf das verordnete Medikament auf eigene Initiative abgesetzt oder in einer anderen Dosierung angewendet werden.
Können Patienten Generika grundsätzlich vertrauen?
Manch ein Patient hält ein Generikum für eine billige Kopie des Originals. Solche Sorgen seien aber unbegründet, so Maik Pommer vom BfArM: "Auch für Generika gelten mit Blick auf den Patientenschutz strenge Anforderungen hinsichtlich Wirksamkeit, Sicherheit und pharmazeutischer Qualität." Der Hersteller eines Generikums muss bei staatlichen Zulassungsbehörden wie dem BfArM nachweisen, dass das Präparat dem Original entspricht.
"Die deutschen Hersteller liefern außerordentlich gute Qualität", betont auch Donner. Ein Umstieg auf Originalpräparate würde erhebliche Kosten verursachen und sei daher keine Option. Finanziell träfe eine solche Umstellung auch viele Patienten unmittelbar. Denn für Originalpräparate gelte oft ein Festbetrag. Übersteigt der Abgabepreis diesen Festbetrag, muss der Patient die Differenz draufzahlen.
Preisnachlässe auf Arzneimittel
Grund ist die sogenannte Aut-idem-Regel: Der Arzt legt nur den Wirkstoff fest und der Apotheker wählt anhand des Preises ein günstiges Präparat aus.
Ein weiterer Grund sind die Rabattverträge, die Krankenkassen mit den Pharmaherstellern für bestimmte Medikamente aushandeln.
Es gibt jedoch auch Ausnahmen: Ärzte können den Medikamententausch verhindern und auch Patienten können auf einem bestimmten Produkt bestehen, wenn sie die Mehrkosten selbst tragen.
Jede Krankenkasse darf frei entscheiden, mit wem sie Rabatte ausmacht. Deshalb kann jemand bei gleicher Indikation - etwa Bluthochdruck oder Diabetes - ein anderes Medikament erhalten als ein Bekannter, der bei einer anderen Krankenkasse versichert ist. Auch kommt es immer wieder vor, dass das bisher verordnete und gut wirkende Mittel plötzlich ausgetauscht wird, weil die Krankenkasse inzwischen von einem anderen Unternehmen einen Preisnachlass bekommt.
In der Apotheke können gesetzlich Versicherte auch ein Präparat außerhalb des Rabattvertrags erhalten, wenn sie die Mehrkosten selbst übernehmen. Dazu müssen sie zunächst den vollständigen Preis zahlen. Anschließend erstattet die Krankenkasse einen Teil der Kosten, allerdings nur bis zur Höhe des Rabattmittels. Außerdem haben die Versicherten noch Verwaltungskosten zu tragen.
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Quellen:
https://www.bfarm.de/DE/Buerger/Arzneimittel/Arzneimittelzulassung/_node.html
https://www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/so-funktioniert-pharmaforschung/so-entsteht-ein-medikament.html
https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/medikamente/originalpraeparat-generikum-130062
https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/guenstige-nachahmer-medikamente-wie-gut-sind-generika-a-1223239.html
https://www.apotheken-umschau.de/Medikamente/Generika-Wichtige-Fragen-und-Antworten-554179.html
https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/medikamente/rabattvertraege-bei-arzneimitteln-10602
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