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Die Tabus des Prostatakrebs brechen: Sexualität, Unterstützung, Ängste und Lösungen

Veröffentlicht am 26.09.2018 • Von Léa Blaszczynski

Anlässlich des Europäischen Prostata-Tages (15. September) hat sich Jean-Louis, 61, der seit 5 Jahren im Ruhestand ist, bereit erklärt, über seine Erfahrungen mit Prostatakrebs zu berichten. Verheiratet und Vater von zwei Jungen und einem Mädchen, hatte er das Glück, auf die Unterstützung seines Umfeldes bauen zu können.

Die Tabus des Prostatakrebs brechen: Sexualität, Unterstützung, Ängste und Lösungen

Wie haben Sie gemerkt, dass Sie unter Prostatakrebs leiden?

Ich hatte Probleme beim Wasser lassen (ich ging sehr häufig auf die Toilette) und wenn ich mit meiner Frau schlafen wollte, fiel es mir oft schwer, eine richtige Erektion zu bekommen. An Penetration war häufig nicht zu denken. Mein Hausarzt hat mich daraufhin zu einem Urologen geschickt. Nach unzähligen Untersuchungen wurden letztendlich erste Krebszellen in der Prostata entdeckt.

psa-prostatakrebs-erfahrung

Wussten Sie zu dem Zeitpunkt, was der PSA-Wert ist?

Nein, ich hatte keine Ahnung von PSA. Mein Urologe hat mich dann aufgeklärt.

Was ist PSA?

PSA ist eine Abkürzung und steht für „prostataspezifisches-Antigen“. Es handelt sich um ein Protein, das ausschließlich von der Prostata gebildet wird. Es ist in geringen Mengen im Blut nachweisbar und dient vor allem dazu, die Samenflüssigkeit dünnflüssiger zu machen.

Bei einem Prostatakarzinom (Krebs) oder anderen Krankheiten, die mit der Prostata in Verbindung stehen, steigt dieser Wert. Mit einer Blutanalyse kann der PSA-Spiegel geprüft werden. Ein Anstieg des Werts alleine weist nicht eindeutig auf Krebs hin, es muss zusätzlich eine Biopsie (Entnahme von Gewebe) durchgeführt werden, um eine sichere Diagnose zu stellen. Die Prostatabiopsie ermöglicht es, die Zellen im Mikroskop zu untersuchen und festzustellen, ob es sich um aggressive Krebszellen handelt.

Der PSA-Spiegel ermöglicht es anschließend die Wirksamkeit der Krebsbehandlung zu überwachen. Der PSA-Wert im Blut wird in Nanogramm pro Milliliter (ng/ml) angegeben, wenn der Wert niedriger als 4ng/ml ist, wird er in der Regel als normal betrachtet. Es handelt sich bei dem Wert allerdings nur um eine statistische Grenze, ein Wert der niedriger als 4 ist erlaubt es nicht, Krebs kategorisch ausschließen, genau wie ein Wert, der höher als 4 ist, nicht zwangsläufig auf Krebs hindeutet. Nur ein Arzt kann die Werte zuverlässig interpretieren.

Welcher Behandlung gehen Sie nach und wie vertragen Sie diese?

Ich gehe keinerlei Behandlung nach. Ich wurde operiert (die Prostata wurde komplett entfernt) und mache seitdem alle 6 Monate eine Blutentnahme zur Kontrolle. Sonst nichts. Nach der Operation musste ich feststellen, dass mein Geschlecht um 4 bis 5 Zentimeter geschrumpft war. Außerdem zieht sich mein Penis oft zurück, was ihn noch kleiner macht, aber wenn er geschüttelt wird, wird er etwas länger.

Hatte Ihr Krebs einen Einfluss auf die Beziehungen mit Ihren Angehörigen?

Meine gesamte Familie wusste Bescheid und sagte mir, ich sollte mir keine zu großen Gedanken machen, viele Männer würden darunter leiden.

Prostatakrebs ist mit Abstand die häufigste Krebsart bei Männern, vor Lungenkrebs und Darmkrebs. Im Zeitraum von 2005 - 2010 betrug die altersstandardisierte 5-Jahre-Netto-Überlebensrate 93%.

Prostatakrebs ist oft ein Tabuthema für Männer. Hatten Sie Angst um Ihre Männlichkeit, Angst davor impotent zu werden?

Ja, ich hatte große Angst um meine Männlichkeit, und vor allem davor, impotent zu werden. Ich habe sämtliche Arztbesuche zusammen mit meiner Frau erledigt, so wusste Sie immer über alles Bescheid. Mir war es am Anfang sehr peinlich, mich vor meiner Ärztin auszuziehen. Sie hat das natürlich gemerkt und hat mir geholfen, mich wohler zu  fühlen. Jetzt habe ich dieses Problem nicht mehr, meine Schüchternheit habe ich abgelegt.

Was haben Sie gegen Ihre Impotenz unternommen?

Ein Jahr lang hatte ich nur geringe Schwellungen in meinem Geschlecht und nahm Viagra, um die Erektion zu erleichtern - ohne Erfolg. Anschließend habe ich es mit Levitra probiert, das hat aber gar nicht funktioniert. Dann hat mir mein Urologe gezeigt, wie man seinem Penis spritzen kann. Das hat super funktioniert, mein Geschlechtsteil war nach zehn Minuten angeschwollen, aber es war anfangs nicht hart genug. Mein Urologe erklärte mir, welche Dosis ich nehmen muss und vor allem, welche Dosis ich nicht überschreiten sollte, weil man sonst über Stunden eine Erektion hat und anschließend zu seinem Urologen muss, um die Erektion mit einer Spritze wieder zu stoppen. Ich habe meinen Penis über 6 Monate lang gespritzt und kann sagen, dass es überhaupt nicht wehtut. Während eines Besuchs bei meiner Hausärztin bot sie mir eine Probe einer anderen Pille an, Spectra. Seitdem nehme ich nur diese Pille und es funktioniert gut.  

Welche Nachricht würden Sie gerne den Männern hinterlassen, die gerade erst die Diagnose erhalten haben?

Die Person, die gerade die Diagnose erhalten hat, sollte den Stier bei den Hörnern greifen und den Behandlungen und Untersuchungen, die von den Ärzten angeordnet werden, folgen. Ich selbst war ziemlich entmutigt, aber ich habe es für meine Gesundheit und für meine Familie getan. Die Ärzte sollten uns lieber gleich sagen, dass wir zwar operiert werden, aber dass unser Geschlechtsteil stark in Mitleidenschaft gezogen wird.

Achtet nicht darauf, was im Internet gesagt wird, denn vieles stimmt nicht. Man muss sich immer sagen, selbst wenn man impotent wird, gibt es Lösungen, um weiterhin Erektionen zu haben. Ich selbst habe mich über Implantate informiert, die helfen eine Erektion zu bekommen - es gibt sie wirklich! Schlussendlich bin ich bei der Prostata-Geschichte mit einem blauen Auge davon gekomme.

Ich wünsche allen  viel Kraft, es ist der Preis den wir zahlen müssen, um am Leben zu bleiben!

Vielen Dank Jean-Louis für Ihre Offenheit und die ehrlichen Worte. Wir hoffen, dass Ihre Geschichte anderen Männern Mut macht, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Wir wünschen Ihnen und Ihrer Familie alles Gute.

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avatar Léa Blaszczynski

Autor: Léa Blaszczynski, Gesundheitsredakteurin, Kommunikationsexpertin

Da sie seit 2013 bei Carenity ist, birgt das Schreiben von Gesundheitsartikeln für Léa keine Geheimnisse mehr. Ihr besonderes Interesse gilt den Bereichen Psychologie, Ernährung und körperlicher Aktivität.

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