Sport: Wie überwindet man den inneren Schweinehund?
Veröffentlicht am 15.10.2015 • Von Giovanni Mària
Hallo,
hier ein interessanter Auszug aus dem Stern zum Thema "Sport und Deutsche". Im gesamten Artikel (Link unten) finden sich außerdem zahlreiche Tipps, wie man es schafft, sich regelmäßig zu bewegen.
"Die Deutschen sind ein träges Volk: 80 Prozent bewegen sich viel zu wenig, nicht einmal die empfohlenen zwei Stunden pro Woche, schätzt Sportwissenschaftler Klaus Bös vom Karlsruher Institut für Technologie. Wir sitzen im Büro, im Auto, in der Bahn - mit einem Körper, der sich eigentlich bewegen will, bewegen muss. Der Drang danach ist evolutionär in ihm verankert. Also straft er uns für Tatenlosigkeit. Mit Schmerzen, steifen Gliedernund schlappen Muskeln. Mit hohem Blutdruck, schadhaften Gefäßen - und schlimmstenfalls mit viel zu frühem Tod.
Ganz langsam starten
Umgekehrt aber belohnt uns der Organismus für jeden Moment, in dem wir ihn in Schwung bringen. Sport stärkt das Herz und die Kraftpakete unseres Körpers, er schützt das Adernetz, baut Fettpolster ab, bringt ein besseres Lebensgefühl. Und mehr als das: Jüngst konnten verschiedene Studien zeigen, dass er selbst das Hirn verändern kann - und zwar so, dass es einen neuen, aktiven Lebensstil fördert. Sport bringt genau jene Areale auf Trab, die besonders wichtig sind, um alte Gewohnheiten zu durchbrechen: die Systeme für Lernen, Gedächtnis und Verhaltenskontrolle. "Da kommt richtig was ins Rollen", sagt Hirnforscher Manfred Spitzer von der Uni-Klinik Ulm. Neuronen sprießen, neue Verknüpfungen entstehen, die Durchblutung verbessert sich. Jeder Schritt stärkt so die Selbstkontrolle und den Willen zu einem gesünderen, schwungvolleren Leben - und macht den nächsten Schritt leichter. Eigen-Dynamik im Wortsinn. Es sieht so aus, als sei regelmäßige Bewegung eine der wichtigsten Triebfedern für ein wirklich selbst-bewusstes Leben.
Allerdings wachsen die neuen Neurostrukturen nicht über Nacht, nachgewiesen sind sie nach ein paar Wochen in Aktion. Und wie bis dahin durchhalten? Wie die Resignationsfalle umgehen, die Motivation hochhalten? Die Kernbotschaft der Experten aus Praxis und Forschung klingt banal und ist doch schwer zu beherzigen: ganz langsam starten und mit Freude bei der Sache sein. "Wenn ich mir zu viel vornehme, dann ist die Chance zu scheitern groß, dann verbinde ich lauter negative Erfahrungen mit dem Sport", sagt auch Hirnforscher Spitzer. Wichtig sei es deshalb, die Latte am Anfang so tief zu hängen, dass man sie niemals reißt. "Wenn ich dann oft genug drüberkomme und merke, ach, das ist ja einfach, kann man sie allmählich höher hängen."
So kam auch Susanne Freudenmann in Bewegung. Die 51-Jährige hatte seit der Schulzeit keinen Sport mehr gemacht. Nach der Trennung von ihrem Mann und dem Umzug in eine kleine Wohnung meldete sie sich spontan bei einer Walking-Gruppe an. Auf den ersten Strecken fühlte sie sich ziemlich schlapp, hielt die 30 Minuten bis zum Schluss aber irgendwie durch. "Doch mit der Zeit hatte ich mehr Energie, meine Kondition wurde besser. Heute laufe ich zweimal pro Woche in der besseren Gruppe vorne mit und finde es schade, wenn die Stunde rum ist. Inzwischen könnte ich noch länger durchhalten."
Schon Alltagsbewegung kann ein guter Anschub sein
Bald schon war das Walken allein nicht mehr genug. Susanne Freudenmanns Körper wollte weiter - in ihrem Kopf nahmen die Mehr-davon-Mechanismen ihre Arbeit auf. Sie schloss sich einer Wandergruppe an und baute zusätzliche Aktivität in ihren Alltag ein. "Inzwischen gehe ich viele Strecken zu Fuß, für die ich früher die Straßenbahn genommen habe - manchmal durch die halbe Stadt", sagt die pharmazeutisch-technische Assistentin. Oder sie fährt die zehn Kilometer in den Nachbarort mit dem Rad. "Ich nehme auch die Treppe und nicht mehr den Fahrstuhl, egal, in welches Stockwerk ich muss. Meine Tochter sagt dann schon: 'Ich weiß, wir laufen!'" Ganz nebenbei hat Freudenmann drei Kilo abgenommen.
Schon Alltagsbewegung allein kann ein guter Anschub sein. "Der Verzicht auf lieb gewonnene Technik - das sind genau die 2000 Kilokalorien pro Woche, die die meisten von uns zusätzlich verbrauchen sollten", sagt Klaus Bös. "Und schon damit werden wir wieder ein bisschen zu Bewegungslebewesen." Um weiterzukommen, braucht der Mensch dann Experimentierfreude und Geduld. "Erinnern Sie sich mal: Was haben Sie denn früher gern gemacht? Als Kind oder junger Erwachsener?", fragt Bös gern, wenn einer den besten Sport für sich sucht. Yoga oder Dauerlauf mögen ja gerade hip sein - aber vielleicht hatten Sie den meisten Spaß schon immer beim Völkerball? Oder beim Tennis? "Dann los!", sagt Bös. "Und auch hier: in kleinen Schritten. Sonst droht Enttäuschung. Mit 50 ist man im Tennis nicht mehr so fix wie mit 15. Aber die Bewegungsabläufe, die Technik, die sind gleich wieder da!"
Quelle: stern.de
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