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Zuckerkrankheit? Einfach verschlafen!
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Zuckerkrankheit? Einfach verschlafen!
Genetisch sind das Schlafverhalten und Diabetes offenbar miteinander verknüpft. Aber auch das Verhalten spielt eine Rolle: Unregelmäßiger Schlaf kann die Entstehung der Zuckerkrankheit fördern.
Sag mir, wie viel du schläfst, und ich sage dir, wie es um deine Gesundheit steht: Wer ausreichend und regelmäßig schläft, hat unter anderem ein besseres Immunsystem, weniger Übergewicht, seltener Bluthochdruck und ein niedrigeres Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko. Doch Schlafmangel oder unregelmäßige Schlafenszeiten spielen offenbar noch bei einer weiteren Krankheit eine Rolle: bei der Entstehung von Diabetes.
Das legt eine aktuelle Studie aus dem Fachmagazin "Cell" nahe, in dem der Melatonin-Haushalt untersucht wurde. Das Hormon entsteht im menschlichen Körper vor allem bei Dunkelheit, bei Licht wird die Bildung hingegen gehemmt. Melatonin ist, wenn man so will, ein entscheidender Taktgeber im Menschen für den Schlaf-Wach-Rhythmus.
"Unsere Daten legen nahe, dass eine verstärkte Aktivität von Melatonin die Insulinausschüttung verringert", schreiben die Ärztin Tiinamaija Tuomi von der Universitätsklinik Helsinki und ihre Kollegen in "Cell". "Das wiederum führt zu Überzuckerung und erhöht das Risiko einer künftigen Diabeteserkrankung."
Gene für Schlaf und Diabetes
Die von den Forschern gemessene verstärkte Aktivität von Melatonin kommt zwar vermutlich nicht durch das Schlafverhalten zustande, sondern durch eine entsprechende Genkonstellation. Trotzdem zeigt die Studie: Wichtige Prozesse beim Schlaf-Wach-Rhythmus und Risikofaktoren für die Entstehung von Diabetes Typ 2 sind unmittelbar miteinander verbunden.
Damit wird eine lang gehegte Vermutung mit weiteren Hinweisen unterfüttert. Bereits 2008 hatte der Mediziner Andreas Fritsche, Leiter des Bereichs Ernährungsmedizin und Prävention mit einem Schwerpunkt Diabetologie am Universitätsklinikum Tübingen, die ersten Hinweise entdeckt, dass bestimmte Genmutationen im Rezeptor für Melatonin die Insulinausschüttung und damit die Entstehung von Diabetes beeinflussen.
"Es scheint Gene zu geben, die sich ebenso auf das Schlafverhalten wie auf die Entstehung von Diabetes Typ 2 auswirken und damit beides ein Stück weit zusammenführen", sagt Fritsche. Für die Forschung könnten diese Erkenntnisse einmal extrem nützlich sein: Sei es in der Diagnostik - schließlich gehören Genanalysen immer mehr zum Alltag selbst in kleineren Krankenhäusern - oder in der Therapie.
Durch Schlafmangel zuckerkrank?
Für die unmittelbare Praxis und auch für die Vorsorge wiederum ist vor allem die Frage wichtig, ob ein unregelmäßiges Schlafverhalten auch die Entwicklung von Diabetes Typ 2 begünstigen kann. In einer Studie aus dem Jahr 2013, erschienen im Fachmagazin "Jama", konnten Wissenschaftler immerhin zeigen: Eine geringere Melatonin-Ausschüttung ist assoziiert mit einem höheren Risiko, Diabetes Typ 2 zu entwickeln.
Doch die "Jama"-Studie ist eine sogenannte epidemiologische Studie, das heißt, es wird nur erfasst, welche Faktoren gemeinsam auftreten. In diesem Fall also Diabetes Typ 2 und eine geringe Melatonin-Ausschüttung. Ob dieser Zusammenhang auch ursächlich ist, bleibt damit aber im Dunkeln. So könnte es beispielsweise auch sein, dass zuerst Diabetes Typ 2 entsteht, und der dann die Schlafstörung auslöst. In Bezug auf die Vorsorge für Diabetes Typ 2 lässt sich damit natürlich nichts anfangen.
Doch was wäre, wenn es umgekehrt wäre? Wenn ein unregelmäßiges Schlafverhalten die Entstehung von Diabetes Typ 2 begünstigen würde, könnte man dies in die Prävention einfließen lassen.
Schlafdefizit, Übergewicht, Diabetes
Dass der Schlaf sich tatsächlich ursächlich auf das Diabetes-Typ-2-Risiko auswirkt, konnten Wissenschaftler in einer im Fachmagazin "Diabetes" im Jahr 2014 veröffentlichten Studie eindrucksvoll zeigen. Dabei haben die Forscher ihre Probanden in zwei Gruppen geteilt: Eine Gruppe ließ man normal schlafen, bei der anderen Gruppe brachte man den Schlafrhythmus über mehrere Nächte gezielt durcheinander.
Das Ergebnis: Diejenigen mit dem unregelmäßigen Schlafrhythmus waren gegenüber Insulin bald weniger empfindlich. Dieses Phänomen taucht auch bei der Entstehung von Diabetes Typ 2 auf. Die Autoren der Studie folgern: "Ein unregelmäßiger Schlafrhythmus kann das Risiko für Diabetes Typ 2 erhöhen."
Die US-amerikanische Diabetesgesellschaft hat Schichtarbeit bereits als Risikofaktor für die Entwicklung von Diabetes Typ 2 anerkannt. "Was genau am Schlafverhalten aber die Entstehung von Diabetes fördert, ist noch nicht klar", sagt Andreas Fritsche aus Tübingen. "Anders als bei den Mutationen haben wir hier keine klare Erklärung von Ursache und Wirkung."
Er vermutet, dass Schlafmangel das Risiko für Diabetes indirekt steigert: Ein unregelmäßiges Schlafverhalten wirke sich schließlich auch negativ auf das Immunsystem aus und steigere das Risiko für Übergewicht. Wer wiederum zu dick ist, ist auch anfälliger für Diabetes.
Quelle: spiegel.de