Teresa Enke: Der gesellschaftliche Umgang mit Depression muss sich ändern
Veröffentlicht am 11.11.2015 • Von Giovanni Mària
Robert Enkes Witwe Teresa
"Lasst uns über Depressionen so offen reden wie Westerwelle über Krebs"
Vor sechs Jahren nahm sich Fußball-Nationaltorwart Robert Enke das Leben. Enke litt an Depressionen. Seine Witwe Teresa fordert nun: Der gesellschaftliche Umgang mit der Krankheit muss sich dringend ändern.
Vor sechs Jahren setzte Fußball-Nationaltorwart Robert Enke seinem Leben ein Ende. In einem bewegenden Blogeintrag zum Todestag ihres Mannes fordert seine Witwe Teresa jetzt, dass die Krankheit in der Gesellschaft offener thematisiert wird. Es bleibe immer noch der erste und vielleicht wichtigste Schritt, "ohne Verzagtheit und falsche Scham" über die Krankheit reden zu können.
Enke verweist auf ein aktuelles Beispiel: "Die beeindruckenden Auftritte des ehemaligen Außenministers Guido Westerwelle in den Medien dieser Tage haben demonstriert, wie selbstverständlich wir heute über Krebserkrankungen reden können. Meine Eltern haben mir erzählt, dass vor 30, 40 Jahren über Krebs noch genauso verdruckst geschwiegen wurde wie bis zu Roberts Tod über seelische Krankheiten."
Für Enke sei es daher nur folgerichtig, mit Depressionen genauso offen umzugehen: Denn auch wenn es verschiedene Krankheiten sind, gibt es doch eine entscheidende Parallele: "Wie der Krebs ist die Depression eine Krankheit, die jeden treffen kann; wie bei Leukämie, Brust- oder Prostatakrebs kann der Betroffene nichts dafür, unter Depressionen zu leiden."
Der Fußball hat Robert Enke nicht krank gemacht
In dem Blogeintrag räumt Enke auch zwei Missverständnisse aus: Die immer wieder geäußerte Idee, der Fußball habe Robert Enkekrank gemacht, sei falsch. Es sei gut möglich, dass er auch als Sportjournalist oder Versicherungsvertreter unter Depressionen gelitten hätte. Richtig sei allerdings, dass Robert unter dem Gefühl litt, als Profifußballer seine Krankheit geheim halten zu müssen, was seine Behandlung erschwerte.
Das zweite Missverständnis: Viele Vereine würden inzwischen einen Sportpsychologen beschäftigen und glauben, damit wären die Spieler in allen psychischen Fragen gut versorgt. Dies sei aber nicht der Fall, so Enke: "Die Aufgabe eines Sportpsychologe ist es, die mentale Leistungsfähigkeit eines Sportlers zu verbessern. Er ist aber in der Regel weder dazu ausgebildet, noch ist es seine Rolle, mentale Krankheiten zu bekämpfen. Dazu bräuchte es eine bessere Zusammenarbeit mit Psychotherapeuten und Sportpsychiatern, wie wir sie im Netzwerk der Robert-Enke-Stiftung versammelt haben."
Die Robert-Enke-Stiftung habe ein Netzwerk von Sportpsychiatern und Psychotherapeuten zusammengestellt. Von psychischen Problemen betroffene Leistungssportler haben über eine Telefon-Hotline die Möglichkeit, sofort kompetente Hilfe in ihrer Nähe zu finden: "Robert und ich dagegen wussten zunächst nicht einmal, an wen wir uns mit seiner Krankheit wenden konnten!", so Teresa Enke.
Quelle: stern.de