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Zahnspangen und Klammern ohne Nutzen

Veröffentlicht am 25.04.2018 • Von Giovanni Mària

Zahnspangen und Klammern ohne Nutzen

Zahnspangen und Klammern ohne Nutzen

Jedes Jahr geben Krankenkassen 1,1 Milliarden Euro für kieferorthopädische Behandlungen aus.
Von 2008 bis 2016 haben sich die Kosten pro Patient verdoppelt, der medizinische Nutzen ist allerdings nicht belegt.
Der Bundesrechnungshof kritisiert deswegen das Bundesgesundheitsministerium und fordert eine Versorgungsforschung.

Kinder sind teuer. Viele Eltern belasten aber nicht so sehr mit Fußbällen eingeschossene Scheiben oder demolierte Fahrräder - sondern die Zuzahlungen beim Kieferorthopäden. Für die zumeist zwei bis vier Jahre währenden Behandlungen werden bis zu 6000 Euro oder mehr fällig. Selbst wenn die Krankenkassen den Großteil der Kosten für Klammern, Spangen und andere Korrekturapparate übernehmen, summiert sich der Eigenanteil, den die Versicherten selbst zu tragen haben, schnell auf tausend Euro.

Dieses Geld können sich Patienten wie Kassen womöglich sparen. Der Bundesrechnungshof kritisiert in einer aktuellen Stellungnahme mit deutlichen Worten, dass der Nutzen der Klammern und Spangen nicht belegt ist. "Ziel und Erfolg kieferorthopädischer Behandlungen sind nur unzureichend erforscht", so das vernichtende Urteil. "Die fehlende Transparenz kritisierten der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen und das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information schon vor Jahren." Das Bundesministerium für Gesundheit ging dem allerdings bis heute nicht nach.

90 Prozent der Behandlungen sind allenfalls aus kosmetisch-ästhetischen Gründen zu rechtfertigen

Wie in vielen medizinischen Bereichen in Deutschland werden konkrete Zahlen und Einblicke in die Versorgung von ärztlichen Fachverbänden und Organisationen nicht transparent gemacht. Krankenkassen geben jedes Jahr 1,1 Milliarden Euro für die kieferorthopädische Behandlung aus, schätzungsweise die Hälfte aller Kinder wird regelmäßig behandelt. "Ministerium und Krankenkassen haben kaum Einblick in das konkrete Versorgungsgeschehen", kritisieren Experten des Bundesrechnungshofes. "Aber die Kosten pro Patient haben sich von 2008 bis 2016 ungefähr verdoppelt."

Zwar kann es ästhetische Gründe geben, die Zähne begradigen zu lassen. "Medizinisch sind die Eingriffe aber oft unnötig. Um die entscheidende Frage, ob die Behandlung überhaupt indiziert ist, drücken sich die meisten Kieferorthopäden", sagt Jens Türp, Professor für Zahnmedizin an der Universität Basel und Sprecher des Deutschen Netzwerks evidenzbasierte Medizin zum Thema Zahnheilkunde. Die evidenzbasierte Medizin hat es sich zur Aufgabe gemacht, die besten Belege zur optimalen Versorgung Gesunder wie Kranker heranzuziehen. Dazu muss im Wust der Studien und anderer Informationen erst die Spreu vom Weizen getrennt werden.

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sueddeutsche.de

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Autor: Giovanni Mària, International Traffic Manager

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