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Tipps für ein gesundes Leben

Veröffentlicht am 04.07.2017 • Von Giovanni Mària

Tipps für ein gesundes Leben

Tipps für ein gesundes Leben "Wir haben verlernt, uns zu spüren"

Diabetes, Herzinfarkt und Co.: Viele Leiden lassen sich vermeiden, wenn man rechtzeitig etwas tut. Der Münchner Arzt Dieter Melchart verrät, welche Rolle Bewegung, Ernährung und Stressmanagement spielen.

Dieter Melchart, Leiter des Kompetenzzentrums für Komplementärmedizin und Naturheilkunde (KoKoNat) der Technischen Universität München, hat ein einjähriges Gesundheitstraining entwickelt. Dieses soll den Lebensstil nachhaltig verbessern und Herz-Kreislauferkrankungen, Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck sowie Diabetes verhindern. Das kostenlose Programm mit regelmäßigen Gruppentreffen vermittelt Strategien zur Gewichtsregulierung, zu mehr Bewegung und zur Stressbewältigung.

SPIEGEL ONLINE: Herr Melchart, wir haben Wohlbefinden verlernt, sagen Sie. Ist das nicht übertrieben?

Melchart: Wir leben heute meist nach einem strengen Zeitplan und unterdrücken eigene Bedürfnisse, etwa nach Ruhe. Wir haben verlernt, uns zu spüren. Was tut mir eigentlich gut? Das wissen viele Menschen nicht mehr, weil ihre Pflichten so im Vordergrund stehen. Deswegen halte ich ein Individuelles Gesundheits-Management (IGM) für sinnvoll. Dazu gehört die Frage: Wie sieht eine psychische und physische Selbstregulation aus für mich? Die Teilnehmer unseres Angebots probieren einiges aus und schauen, was sie in die Balance bringt.

SPIEGEL ONLINE: Jeder möchte gesund leben. Warum fällt uns das so schwer?

Melchart: Es ist keine Frage des Wissens, eher eine Frage von Strategie-Vermittlung und Motivation. Viele wissen um gesunde Lebensmittel, aber wenn man sie nicht verträgt oder sie nicht schmecken, nützt das nichts. Übergewicht ist inzwischen ein weltweites Problem und damit eine Riesenherausforderung. Diäten, das wissen wir, klappen meist nicht.

SPIEGEL ONLINE: Heißt das, dass wir unsere Ernährung nicht regulieren können?

Melchart: Ganz und gar nicht. Wir empfehlen unseren übergewichtigen Teilnehmern, nach 17 Uhr keine leeren Kohlehydrate mehr zu essen, also Weißbrot, weißen Reis, Nudeln. Zwei Entlastungstage pro Woche mit nur 500 oder 600 Kilokalorien regulieren zudem das Gewicht, den Blutdruck, zu hohe Cholesterinwerte und verhindern, dass sich der Stoffwechsel verlangsamt. Sinnvoll wäre auch die Mitarbeit von Industrie und Politik, denn es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, gegen Übergewicht mit seinen Folgen wie Diabetes und Herz-Kreislaufproblemen anzugehen.

SPIEGEL ONLINE: Wie könnte die Politik helfen?

Melchart: Die verpflichtende Angabe der Gesamt-Kalorien auf einer Packung wäre hilfreich, statt sie nur für 100 Gramm zu nennen. Kein Mensch isst nur 100 Gramm. Und Chips oder Süßes mit hoher Energiedichte könnte man höher besteuern, wie es ja auch bei Alkohol und Nikotin der Fall ist. Warum nicht einfach ein höherer Mehrwertsteuersatz bei extrem hochkalorischen Waren?

SPIEGEL ONLINE: Sie plädieren für ein intensives Training, bevor es zu chronischen Krankheiten kommt. Was versprechen Sie sich davon?

Melchart: Aufklärung und Lebensstiländerungen. Wir machen innerhalb unseres einjährigen Gesundheitstrainings viele Angebote: für das Ernährungsverhalten, für das Bewegungsverhalten, für das Stress- und Schlafverhalten. Wir sollten uns fragen: Wie ernähre ich mich? Wie viele Stunden schlafe ich, wie gut schlafe ich? Wieviel bewege ich mich? Welchen Blutdruckwert habe ich? Der Blutdruck ist ganz wichtig. Wenn wir uns darum nicht kümmern, bleibt es dabei, dass 40 Prozent der Menschen, die bereits einen Bluthochdruck haben, davon nicht wissen. So ein Messgerät für zu Hause kostet nicht viel, warum besorge ich mir keins?

SPIEGEL ONLINE: Übernehmen wir zu wenig Verantwortung für uns selbst?

Melchart: Bei uns herrscht meist die Haltung: Der Arzt ist zuständig für mich, wenn ich krank bin, so wie die Werkstatt für mein Auto. Aber ich bin für meinen Blutdruck selbst verantwortlich. Weltweit nimmt Diabetes zu und seit einigen Jahren ist klar: Adipositas, also ein BMI über 30, hat krankhafte Züge und führt zu Folgeschäden, deshalb ist es absolut notwendig, aktiv gegenzusteuern.

SPIEGEL ONLINE: In welchem Alter sollte man mit dem Training beginnen?

Melchart: Möglichst früh, sobald man sich dafür bereit fühlt und merkt, man hat etwa zu viel Gewicht oder schläft schlecht. Auf jeden Fall nicht erst, wenn man bereits krank ist. Es ist eine Frage der Lebenshaltung, der Lebensdisziplin: Will ich aktiver Manager meiner Gesundheit sein? Gesundheit muss erarbeitet werden. Klar, manche Menschen tun sich leichter als andere. Aber niemand ist hilflos. Wir empfehlen zum Beispiel einen Schrittzähler, um die Bewegung im Alltag zu steigern. Wir raten dazu, den Bauchumfang zu messen, weil wir heute wissen, dass viszerales Bauchfett gefährlich ist. Wir können vieles korrigieren durch unseren Lebensstil statt durch Medikamente und Chirurgie.

SPIEGEL ONLINE: Was ist neben Ernährung, Bewegung, Schlaf, Entspannung noch wichtig?

Melchart: Der emotionale Umgang mit sich selbst. Wie spreche ich innerlich mit mir? Kultiviere ich Optimismus oder bin ich eher negativ eingestellt? Habe ich genügend Selbststärke, mich auch mal abzugrenzen, zu erkennen, dass ich jetzt Rückzug brauche und mal Nein sagen muss? Dieses Selbststärkende gehört auch zu unserem Programm.

SPIEGEL ONLINE: Wie nachhaltig ist Ihr Programm?

Melchart: Nach einem Jahr, das zeigen unsere Studien, sind die Erfolge stabil, was das Gewicht angeht. Längerfristige Verläufe müssen wir noch abwarten. Nach vier bis sieben Jahren sind die Veränderungen wahrscheinlich nicht mehr ganz so stabil. Aber das Gewicht zu halten ist nun mal eine lebenslange Aufgabe.

Melchart: Nach einem Jahr, das zeigen unsere Studien, sind die Erfolge stabil, was das Gewicht angeht. Längerfristige Verläufe müssen wir noch abwarten. Nach vier bis sieben Jahren sind die Veränderungen wahrscheinlich nicht mehr ganz so stabil. Aber das Gewicht zu halten ist nun mal eine lebenslange Aufgabe.

SPIEGEL ONLINE: Was empfehlen Sie denen, die gleich heute etwas tun wollen für sich?

Melchart: Mehr Treppen steigen. Die Schrittzahl im Alltag erhöhen. Einen oder zwei Entlastungstage pro Woche einlegen. Schauen, ob es ähnliche Programme in der Nähe gibt. Wir haben unser IGM inzwischen in verschiedenen Universitätsstudiengängen untergebracht, damit es sich deutschlandweit verbreitet.

SPIEGEL ONLINE: Was machen Sie selbst?

Melchart: Seit vielen Jahren laufe ich regelmäßig. Außerdem lege ich regelmäßige Entlastungstage ein. Würde ich das nicht machen, hätte ich 15 Kilo mehr. Denn ich esse sehr gern Süßes, obwohl ich weiß, dass das nicht gesund ist.

 

spiegel.de

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Autor: Giovanni Mària, International Traffic Manager

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am 04.07.17

Tipps für ein gesundes Leben "Wir haben verlernt, uns zu spüren"

Diabetes, Herzinfarkt und Co.: Viele Leiden lassen sich vermeiden, wenn man rechtzeitig etwas tut. Der Münchner Arzt Dieter Melchart verrät, welche Rolle Bewegung, Ernährung und Stressmanagement spielen.

Dieter Melchart, Leiter des Kompetenzzentrums für Komplementärmedizin und Naturheilkunde (KoKoNat) der Technischen Universität München, hat ein einjähriges Gesundheitstraining entwickelt. Dieses soll den Lebensstil nachhaltig verbessern und Herz-Kreislauferkrankungen, Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck sowie Diabetes verhindern. Das kostenlose Programm mit regelmäßigen Gruppentreffen vermittelt Strategien zur Gewichtsregulierung, zu mehr Bewegung und zur Stressbewältigung.

SPIEGEL ONLINE: Herr Melchart, wir haben Wohlbefinden verlernt, sagen Sie. Ist das nicht übertrieben?

Melchart: Wir leben heute meist nach einem strengen Zeitplan und unterdrücken eigene Bedürfnisse, etwa nach Ruhe. Wir haben verlernt, uns zu spüren. Was tut mir eigentlich gut? Das wissen viele Menschen nicht mehr, weil ihre Pflichten so im Vordergrund stehen. Deswegen halte ich ein Individuelles Gesundheits-Management (IGM) für sinnvoll. Dazu gehört die Frage: Wie sieht eine psychische und physische Selbstregulation aus für mich? Die Teilnehmer unseres Angebots probieren einiges aus und schauen, was sie in die Balance bringt.

SPIEGEL ONLINE: Jeder möchte gesund leben. Warum fällt uns das so schwer?

Melchart: Es ist keine Frage des Wissens, eher eine Frage von Strategie-Vermittlung und Motivation. Viele wissen um gesunde Lebensmittel, aber wenn man sie nicht verträgt oder sie nicht schmecken, nützt das nichts. Übergewicht ist inzwischen ein weltweites Problem und damit eine Riesenherausforderung. Diäten, das wissen wir, klappen meist nicht.

SPIEGEL ONLINE: Heißt das, dass wir unsere Ernährung nicht regulieren können?

Melchart: Ganz und gar nicht. Wir empfehlen unseren übergewichtigen Teilnehmern, nach 17 Uhr keine leeren Kohlehydrate mehr zu essen, also Weißbrot, weißen Reis, Nudeln. Zwei Entlastungstage pro Woche mit nur 500 oder 600 Kilokalorien regulieren zudem das Gewicht, den Blutdruck, zu hohe Cholesterinwerte und verhindern, dass sich der Stoffwechsel verlangsamt. Sinnvoll wäre auch die Mitarbeit von Industrie und Politik, denn es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, gegen Übergewicht mit seinen Folgen wie Diabetes und Herz-Kreislaufproblemen anzugehen.

SPIEGEL ONLINE: Wie könnte die Politik helfen?

Melchart: Die verpflichtende Angabe der Gesamt-Kalorien auf einer Packung wäre hilfreich, statt sie nur für 100 Gramm zu nennen. Kein Mensch isst nur 100 Gramm. Und Chips oder Süßes mit hoher Energiedichte könnte man höher besteuern, wie es ja auch bei Alkohol und Nikotin der Fall ist. Warum nicht einfach ein höherer Mehrwertsteuersatz bei extrem hochkalorischen Waren?

SPIEGEL ONLINE: Sie plädieren für ein intensives Training, bevor es zu chronischen Krankheiten kommt. Was versprechen Sie sich davon?

Melchart: Aufklärung und Lebensstiländerungen. Wir machen innerhalb unseres einjährigen Gesundheitstrainings viele Angebote: für das Ernährungsverhalten, für das Bewegungsverhalten, für das Stress- und Schlafverhalten. Wir sollten uns fragen: Wie ernähre ich mich? Wie viele Stunden schlafe ich, wie gut schlafe ich? Wieviel bewege ich mich? Welchen Blutdruckwert habe ich? Der Blutdruck ist ganz wichtig. Wenn wir uns darum nicht kümmern, bleibt es dabei, dass 40 Prozent der Menschen, die bereits einen Bluthochdruck haben, davon nicht wissen. So ein Messgerät für zu Hause kostet nicht viel, warum besorge ich mir keins?

SPIEGEL ONLINE: Übernehmen wir zu wenig Verantwortung für uns selbst?

Melchart: Bei uns herrscht meist die Haltung: Der Arzt ist zuständig für mich, wenn ich krank bin, so wie die Werkstatt für mein Auto. Aber ich bin für meinen Blutdruck selbst verantwortlich. Weltweit nimmt Diabetes zu und seit einigen Jahren ist klar: Adipositas, also ein BMI über 30, hat krankhafte Züge und führt zu Folgeschäden, deshalb ist es absolut notwendig, aktiv gegenzusteuern.

SPIEGEL ONLINE: In welchem Alter sollte man mit dem Training beginnen?

Melchart: Möglichst früh, sobald man sich dafür bereit fühlt und merkt, man hat etwa zu viel Gewicht oder schläft schlecht. Auf jeden Fall nicht erst, wenn man bereits krank ist. Es ist eine Frage der Lebenshaltung, der Lebensdisziplin: Will ich aktiver Manager meiner Gesundheit sein? Gesundheit muss erarbeitet werden. Klar, manche Menschen tun sich leichter als andere. Aber niemand ist hilflos. Wir empfehlen zum Beispiel einen Schrittzähler, um die Bewegung im Alltag zu steigern. Wir raten dazu, den Bauchumfang zu messen, weil wir heute wissen, dass viszerales Bauchfett gefährlich ist. Wir können vieles korrigieren durch unseren Lebensstil statt durch Medikamente und Chirurgie.

SPIEGEL ONLINE: Was ist neben Ernährung, Bewegung, Schlaf, Entspannung noch wichtig?

Melchart: Der emotionale Umgang mit sich selbst. Wie spreche ich innerlich mit mir? Kultiviere ich Optimismus oder bin ich eher negativ eingestellt? Habe ich genügend Selbststärke, mich auch mal abzugrenzen, zu erkennen, dass ich jetzt Rückzug brauche und mal Nein sagen muss? Dieses Selbststärkende gehört auch zu unserem Programm.

SPIEGEL ONLINE: Wie nachhaltig ist Ihr Programm?

Melchart: Nach einem Jahr, das zeigen unsere Studien, sind die Erfolge stabil, was das Gewicht angeht. Längerfristige Verläufe müssen wir noch abwarten. Nach vier bis sieben Jahren sind die Veränderungen wahrscheinlich nicht mehr ganz so stabil. Aber das Gewicht zu halten ist nun mal eine lebenslange Aufgabe.

Melchart: Nach einem Jahr, das zeigen unsere Studien, sind die Erfolge stabil, was das Gewicht angeht. Längerfristige Verläufe müssen wir noch abwarten. Nach vier bis sieben Jahren sind die Veränderungen wahrscheinlich nicht mehr ganz so stabil. Aber das Gewicht zu halten ist nun mal eine lebenslange Aufgabe.

SPIEGEL ONLINE: Was empfehlen Sie denen, die gleich heute etwas tun wollen für sich?

Melchart: Mehr Treppen steigen. Die Schrittzahl im Alltag erhöhen. Einen oder zwei Entlastungstage pro Woche einlegen. Schauen, ob es ähnliche Programme in der Nähe gibt. Wir haben unser IGM inzwischen in verschiedenen Universitätsstudiengängen untergebracht, damit es sich deutschlandweit verbreitet.

SPIEGEL ONLINE: Was machen Sie selbst?

Melchart: Seit vielen Jahren laufe ich regelmäßig. Außerdem lege ich regelmäßige Entlastungstage ein. Würde ich das nicht machen, hätte ich 15 Kilo mehr. Denn ich esse sehr gern Süßes, obwohl ich weiß, dass das nicht gesund ist.


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