Nahrungsergänzungsmittel: Welche Vorsichtsmaßnahmen sind wichtig?
Veröffentlicht am 21.12.2020 • Von Doriany Samair
Immer mehr Nahrungsergänzungsmittel finden sich in den Regalen unserer Apotheken und Drogerien, verkünden und beanspruchen für sich entspannende, anregende, wohltuende oder sogar ernährungsphysiologische Vorzüge. Dennoch sind Nahrungsergänzungsmittel keine Medikamente. Aber was ist eigentlich ihr Status? Welche Anforderungen oder Vorschriften erlauben es ihnen, solche gesundheitlichen Vorzüge für sich in Anspruch zu nehmen? Warum sollte man bei ihrer Verwendung vorsichtig sein?
Welchen Status haben Nahrungsergänzungsmittel? Welchen Vorschriften unterliegen sie?
Definitionen
Nahrungsergänzungsmittel sind „Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die normale Ernährung zu ergänzen und die aus Einfach- oder Mehrfachkonzentraten von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bestehen …“. Gemäß der Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments.
Ihr Status unterscheidet sich von dem der Arzneimittel und insbesondere von pflanzlichen Arzneimitteln, mit denen sie häufig verwechselt werden.
Während ein pflanzliches Arzneimittel die Anforderungen eines üblichen Arzneimittels erfüllt, das heißt, es enthält heilende oder vorbeugende Eigenschaften, da es eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung ausübt, aber „dessen aktive Substanz ausschließlich eine oder mehrere pflanzliche Substanzen oder Kräuterpräparate oder eine Kombination mehrerer pflanzlicher Substanzen oder Kräuterpräparate ist.“ Gemäß Artikel L. 5121-1, 16 des französischen Gesundheitsgesetzes.
Reglementierung
Trotz einer ähnlichen Präsentation (Kapseln, Pulver, Lutschtabletten, Tabletten, Sirup, etc.) sowie Verpackung, unterliegen Nahrungsergänzungsmittel weniger strengen und restriktiven Vorschriften als Arzneimittel.
Ein pflanzliches Arzneimittel muss mit einer Genehmigung durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen werden, bevor es auf den Markt kommt. Es handelt sich dabei um eine vorherige Bewertung durch die zuständige Behörde, die den Hersteller auffordert, Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit vorzulegen, die durch klinische Studien die Relevanz der Verwendung des Arzneimittels bei einer therapeutischen Indikation belegen. Es handelt sich in Deutschland dabei um das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das diese Zulassung ausstellt und für eine Registrierung verantwortlich ist.
Im Gegensatz zu Arzneimitteln erfordern Nahrungsergänzungsmittel keine individuelle Genehmigung für die Vermarktung und fallen nicht unter die Aufsicht des BfArM. Es ist der Hersteller, der verantwortlich ist, in Bezug auf Sicherheit und Vorschriften alles einzuhalten. Dieser muss sich auf nationale oder europäische Texte zur Regulierung beziehen. So existiert zum Beispiel eine Liste von Inhaltsstoffen, die für die Zusammensetzung von Nahrungsergänzungsmitteln zugelassen sind, wobei eine maximale Dosis dieser Bestandteile eingehalten werden muss. Für diese Inhaltsstoffe können „gesundheitsbezogene Angaben“ gemäß den europäischen Vorschriften angegeben werden. Darüber hinaus muss zum ersten Inverkehrbringen dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ein Muster des verwendeten Etiketts vorgelegt werden.
Außerdem unterliegen Nahrungsergänzungsmittel im Gegensatz zu Arzneimitteln keinen Vorschriften, die ihre Werbung einschränken. Es wird jedoch zu einer aufgeklärten Einnahme geraten, um das Risiko für unsere Gesundheit einzudämmen.
Warum muss man vorsichtig sein?
Warum konsumiert man Nahrungsergänzungsmittel?
Im Idealfall zielt der Konsum von Nahrungsergänzungsmitteln darauf ab, einen Mangel oder ein Defizit auszugleichen, die durch ein Ernährungsbedürfnis verursacht werden, das auf natürliche Weise nicht gedeckt wird. Aber manchmal kann die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln auch zu einer Überschreitung der Maximaldosis führen, insbesondere wenn die Ernährung bereits ausreicht, um diese Bedürfnisse zu stillen.
Heilpflanzen können giftig sein
Die medizinische Verwendung von Pflanzen ist niemals ohne jegliche Gefahr. In Bezug zur Idee von „Omas Hausmittel“ oder der Verwendung der „Natur“, um sich selbst zu heilen, ist die Verwendung von Heilpflanzen geradezu explodiert. Es gibt Nahrungsergänzungsmittel für alle Fälle und alle Verbraucher: Manche zielen auf das Abnehmen ab, andere sollen die Gehirnfunktionen verbessern, bei der Verdauung helfen, bei schönen Haaren und Nägeln, dabei, den Winter zu überstehen, Hautprobleme beseitigen, Müdigkeit oder Stress oder auch die unerwünschten Effekte einer Schwangerschaft oder der Menopause reduzieren…
Genau wie man die Einnahme eines Medikamentes mit Vorsicht in Betracht zieht, sollte man auch bei der Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln wachsam sein. Eine Pflanze hat medizinische Eigenschaften, kann sich bei Unachtsamkeit aber auch als giftig erweisen.
Welche Überwachung für Nahrungsergänzungsmittel?
Wie weiter oben erwähnt, muss jedes Produkt dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit angezeigt werden. Dieses übermittelt alle Informationen Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und den für die Lebensmittelüberwachung zuständigen obersten Landesbehörden. Eine erste Überwachung ist somit gesichert. Darüber hinaus gibt es das Angebot Klartext der Verbraucherzentrale, um mehr Klarheit über Nahrungsergänzungsmittel zu bieten sowie über Nutzen und Risiken zu informieren.
Einige Nahrungsergänzungsmittel sollten mit Vorsicht eingenommen werden
Das in Frankreich existente System Nutrivigilance hat es ermöglicht, viele Fälle schwerer allergischer Reaktionen nach dem Verzehr bestimmter Nahrungsergänzungsmittel zu identifizieren. Zum Beispiel wurde das Risiko hervorgehoben, dass Patienten, die allergisch auf Pollen reagieren, eine schwere allergische Reaktion erleiden, insbesondere bei Produkten, die Gelée Royale oder Propolis, sogar Honig enthalten.
Die französische Agentur ANSES präzisiert, dass es darüber hinaus Situationen und Risikogruppen gibt, für vom Gebrauch von Nahrungsergänzungsmitteln abgeraten wird oder, wo das Thema zwingend Gegenstand eines medizinischen Gutachtens sein muss.
Es sind zu nennen:
- Schwangere und stillende Frauen;
- Kinder und Jugendliche;
- Patienten mit entzündlichen Erkrankungen;
- Patienten mit Autoimmunerkrankungen;
- Epileptiker, Asthmatiker;
- Patienten mit Stimmungsschwankungen, Verhaltens- oder Persönlichkeitsstörungen;
- Patienten in Langzeitbehandlung, da die Verwendung die Wirksamkeit bestimmter Medikamente beeinträchtigen kann.
Johanniskraut & Grapefruit: Ursprung von Arzneimittelwechselwirkungen
Johanniskraut
Johanniskraut ist eine Heilpflanze, die in Apotheken, Reformhäusern oder gar in Supermärkten verkauft wird. Sie wurde in den letzten Jahren stark in den Vordergrund gehoben, da sie sich positiv auf Angstzustände oder Depression auswirken soll, während bis heute aber kein auf Johanniskraut basierendes Medikament eine Marktzulassung hat und keine Wirkung aufgezeigt wurde. Man sollte wissen, dass Johanniskraut der Ursprung vieler Arzneimittelwechselwirkungen ist, die dazu führen, dass sich die Wirksamkeit bestimmter Arzneimittel verringert, in dem ihre Konzentration im Blut gesenkt wird. Es handelt sich um einen Enzyminduktor, das heißt, es beschleunig den Stoffwechsel (Abbauprozess), bestimmter Medikamente.
Ein plötzliches Absetzen würde jedoch zu einer unangemessenen Steigerung der Wirkung des Arzneimittels führen. Dies kann gefährlich werden, vor allem bei bestimmten Medikamenten „mit geringem therapeutischem Spielraum“, das heißt deren toxische Dosis nahe an der wirksamen therapeutischen Dosis liegt. Unter diesen Medikamenten, bei denen man sehr vorsichtig sein sollte, finden sich: Digoxin, Theophyllin, Vitamin-K-Antagonisten, Ciclosporin sowie orale Kontrazeptiva.
Grapefruit
Im Gegensatz zu Johanniskraut ist bekannt, dass Grapefruit die Wirkung von Medikamenten verstärkt, was mit einer Erhöhung der Nebenwirkungen einhergeht. Es handelt sich hier um einen Enzyminhibitor. Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmittel oder gar der Genuss von Grapefruitsaft wird bei bestimmten Medikamenten nicht empfohlen, kann teilweise sogar kontraindiziert sein. Normalerweise wird in der Packungsbeilage von der Verwendung abgeraten, es sollte jedoch der Rat eines Spezialisten eingeholt werden.
Chondroitinsulfat und Glucosamin
Viele Nahrungsergänzungsmittel, die behaupten, die Beweglichkeit der Gelenke zu verbessern, erscheinen momentan auf dem Markt. Es stellte sich heraus, dass diese Produkte basierend auf Chondroitinsulfat und Glucosamin ihren Benutzern Nebenwirkungen aussetzen, die gesammelt werden. Man findet darunter: Verdauungsprobleme, Bauchschmerzen, Hautausschlag, Juckreiz, Hepatitis oder Purpura (hämorrhagische Hautläsionen). Daneben hat die französische Agentur ANSES besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen identifiziert, insbesondere Diabetiker oder Patienten, bei denen eine Vitamin-K-Antagonisten-Behandlung durchgeführt wird, oder auch Patienten, die allergisch gegen Schalentiere oder Insekten sind.
Roter Hefereis
Roter Hefereis war Gegenstand mehrerer Meldungen von Nebenwirkungen. Es ist ein roter Schimmelpilz, der auf Reis angebaut wird, und normo-cholesterinsenkende Eigenschaften hat (der in der Lage ist, einen normalen Cholesterinspiegel beizubehalten). Diese Substanz hat die gleichen pharmakologischen Wirkungen wie Statine (Arzneimittel gegen Hypercholesterinämie) und daher auch die gleichen Nebenwirkungen (Muskel- und Leberschäden). Die gleichzeitige Anwendung von Statinen ist kontraindiziert. Es wird daher empfohlen, vorher die Meinung eines Spezialisten einzuholen, da es wie Statine eine Person denselben Vorsichtsmaßnahmen für die Einnahme aussetzt. Leberfunktionstests und die Überwachung der Muskeltoleranz sollten in Betracht gezogen werden. ANSES erinnert auch daran, dass starke Konsumenten von Grapefruit oder Alkohol, Nieren- oder Leberinsuffizient sowie Menschen über 70 Jahre Bevölkerungsgruppen sind, bei denen der Konsum dieser Art an Produkten ein Risiko darstellt.
Schlankmacher auf Basis von Synephrin oder Berberin
Berberin
Berberinprodukte werden zur Regulierung des Blutzuckers (Blutzuckerspiegel) und von Cholesterin (Blutcholosterinspiegel) eingesetzt, obwohl auf europäischer Ebene keine gesundheitsbezogenen Angaben zulässig sind.
ANSES weist darauf hin, dass die pharmakologischen und toxikologischen Wirkungen von Berberin berücksichtigt werden und hebt eine kritische tägliche toxische Dosis (400mg) hervor, ab der eine Wirkung auftritt. Das heißt, ab einer bestimmten Dosis wirkt die Substanz wie ein Arzneimittel und sollte den unterschiedlichen Vorschriften unterliegen. Zusätzlich zur behaupteten Wirkweise findet man in der Literatur Wirkungen auf Blutdruck und Herzfrequenz, Antikonvulsiva, Antidepressiva, Analgetika und sogar auf Immunsuppressiva. In Deutschland gibt es keine definierte Höchstdosis. Es muss darauf hingewiesen werden, dass Schwangere und stillende Frauen es nicht einnehmen sollten, während in Belgien die maximale Tagesdosis auf 10mg festgelegt wurde.
Synephrin
Synephrin kommt in Bitterorangenschalen vor und wird bei vielen Produkten für die Gewichtsreduktion verwendet. Es behauptet für sich die Reduzierung der Fettmasse. Mehrere Fälle von Nebenwirkungen wurden ausgemacht, darunter kardiovaskuläre Wirkungen, Leber- und sogar neurologische Schäden. Die französische Agentur AANSES schätzte, dass die p-Synephrinaufnahme 20mg/Tag nicht überschreiten sollte, eine Dosis, der Menschen mit ausgewogener Ernährung ausgesetzt sind (da sie inbesondere in Zitrussäften enthalten ist). Andererseits sollte es nicht mit Koffein kombiniert werden, das auch sehr häufig in der Zusammensetzung von Schlankmachern enthalten ist. Patienten mit hohem Blutdruck oder Herzerkrankungen wird dringend davon abgeraten, diese Art von Nahrungsergänzungsmitteln zu nehmen.
Melatonin
ANSES hat einige Vorbehalte gegen den Konsum von Produkten auf Melatoninbasis geäußert. Zur Erinnerung: Melatonin ist das Schlafhormon, das zur Regulierung der Schlaf-/Wachzyklen und zur Erleichterung des Einschlafens verwendet wird. Es ist ebenso verantwortlich für physiologische Effekte (Vasodilatation-Vasokonstriktion, Regulierung der Körpertemperatur sowie der Darmmotilität, etc.). Vom BfArM wurde mittlerweile entschieden, dass Konzentrationen über 0,5mg der Rezeptpflicht unterliegen und somit keine Nahrungsergänzungsmittel mehr sind.
Algen und Jodzufuhr
Der Verzehr von Algen ist in Mode gekommen, aber diese Algen sind sehr reich an Jod. Zu viel Jod kann zu Funktionsstörungen der Schilddrüse oder schädlichen Auswirkungen auf Herz oder Nieren führen. In der Regel erhalten diese Nahrungsergänzungsmittel eine maximale tägliche Joddosis zwischen 100 und 200 µg. Es ist zu beachten, dass Nahrungsergänzungsmittel auf Algenbasis keine Behandlung für Jodmangel darstellen.
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Quellen:
"Les compléments alimentaires, nécessité d'une consommation éclairée" - ANSES
"Recommandations de l'Anses à propos des compléments alimentaires à base de p-synéphrine" - ANSES
"Recommandations de l'Anses à propos des compléments alimentaires à base de mélatonine" - ANSES
"Recommandations de l'Anses à propos des compléments alimentaires à base de berbérine" - ANSES
"Consommation d’algues : rester vigilant sur le risque d’excès d’apport en iode" -ANSES
"Interaction médicaments et pamplemousse - Point d'information" - ANSM
"Les médicaments à base de plantes" - ANSM
"Risques liés à l'utilisation du millepertuis" - ANSM
"Nahrungsergänzungsmittel" - Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
"Safety-labelling-nutrition-claims" - Europa food
"Endlich Klartext bei Nahrungsergänzungsmitteln" - Verbraucherzentrale
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