Castleman-Krankheit: "Ich möchte jedem sagen, dass er auf seinen Körper und sein Gefühl hören soll!"
Veröffentlicht am 17.06.2021 • Von Bianca Jung
TamaraGajic, Mitglied der deutschsprachigen Carenity-Community, lebt mit der Castleman-Krankheit. Nach der Diagnose der unizentrischen Form dieser Erkrankung erfolgte einige Jahre später die Diagnose multizentrischer Castleman. Sie spricht mit Carenity über ihren Weg bis zur endgültigen Diagnose und darüber, wie es ihr heute geht.
Hallo, vielen Dank für Ihre Bereitschaft, mit uns zu sprechen!
Könnten Sie zuerst mehr über sich sagen?
Ich bin 39 Jahre alt und in Berlin geboren und aufgewachsen, habe kroatische Wurzeln, da meine Eltern da herkommen. Mit 17 Jahren habe ich eine Ausbildung zur Krankenschwester begonnen und arbeite sehr gerne in diesem Beruf. Zurzeit arbeite ich an der Charité auf der Dialysestation.
Letztes Jahr im Oktober habe ich meinen Freund geheiratet, mit dem ich 3 Jahre eine Fernbeziehung hatte, und jetzt Gott sei Dank zusammen in Berlin leben kann. Kinder haben wir noch keine, aber würden gerne welche haben :)
Ich bin gläubig erzogen worden und lebe ein christliches Leben, somit ist meine Gemeinde und die Arbeit in der Gemeinde mein größtes Hobby. Ich liebe es, an Projekten teilzunehmen, wie z.B. im Chor zu singen, Kindermusicals mitzuorganisieren sowie in Altenheimen zu singen. Ich bin ein sehr gesellschaftlicher Mensch und liebe es, mit dem E-Bike die Natur zu erkunden.
Sie leiden an der Castleman-Krankheit. Könnten Sie uns mehr zu dieser Erkrankung berichten?
Wenn ich ehrlich sein darf, kann ich nicht so viel zu dieser Erkrankung sagen. Das, was ich weiß, ist, dass ich sehr schnell erschöpft bin und das Gefühl habe, dass ich oft das alltägliche Leben nicht im Griff habe. Subfebrile Temperaturen sind ein häufiger Begleiter und dadurch habe ich die Emotionen nicht immer unter Kontrolle.
Sie erklärten mir im Vorfeld, dass bei Ihnen die unizentrische Form diagnostiziert wurde. Wie lange hat es bis zur Diagnose gedauert und wie war Ihr Weg bis dahin?
Hmmmm ... Wo fange ich da an. Ich hoffe, ich hole nicht zu weit aus. Da ich damals, das heißt 2015, als Leitung tätig war, war ich mit der Arbeit oft überfordert. Irgendwann merkte ich, dass ich mich oft erschöpft und müde fühlte. Dazu hatte ich oft ein Gefühl, als ob ich einen grippalen Infekt habe. Morgens hatte ich erhöhte Temperatur und Gliederschmerzen. Auch sind mir häufig Gegenstände aus den Händen gefallen und so beschloss ich, erstmal einen Neurologen aufzusuchen. Er war der Meinung, dass ich eine leichte Depression entwickelt habe und hat mir ein Antidepressivum aufgeschrieben. Da ich aber nicht sicher war, dass es wirklich eine Depression ist, habe ich mich nochmal bei meinem Hausarzt vorgestellt. Im Blutbild wurde ein erhöhter CRP festgestellt. Inzwischen war ich erstmal für eine längere Zeit krankgeschrieben und habe meine Arbeitsstelle gewechselt, weil ich etwas zur Ruhe kommen wollte. Somit habe ich die ganze Körpersache ignoriert, bis ich mich immer schlechter gefühlt habe.
Anfang 2016 wandte ich mich einem Internisten zu, der mich gründlich untersucht hat, aber nicht weiter kam, somit wurde ich ins Krankenhaus geschickt. Im Krankenhaus hatten sie nicht viel Interesse an mir. Es wurde zwar eine Raumforderung im Bauchraum entdeckt, aber es wurde nicht weiter beachtet. Entlassen wurde ich mit dem Satz "Ich bin zu jung für irgendwelche Erkrankungen, ich sollte mich mehr bewegen und dann wird alles gut" und ein Rheumatologe wurde mir empfohlen, weil ich unklare Muskelschmerzen hatte. Also war ich in rheumatologischer Behandlung. Der Rheumatologe hat sich sehr viel Mühe gegeben, um herauszufinden, was mir fehlt, und somit wurden viele Medikamente angewandt, erstmals eine hohe Dosis Cortison und vieles weitere.
Diagnostiziert wurde dann Polymyalgia Rheumatica, was für mein Alter eher untypisch war. Von 2017-2019 wurde ich mit Roactemra behandelt, was mir etwas geholfen hat, aber viele Symptome blieben. Ich war nicht zufrieden damit und habe mit jedem Arzt gesprochen, der mir über den Weg lief. Da ich 2019 dann zur Charité gewechselt bin, habe ich eine Zweitmeinung beim Rheumatologen eingeholt, wurde anschließend stationär aufgenommen, wo man mich gleich wieder abwimmeln wollte, um mir zu sagen, ich solle ein Jahr Sport machen, dann wird alles besser. Ich ließ mich diesmal nicht abwimmeln und wollte, dass die Raumforderung abgeklärt wird. Es wurde ein PET-CT gemacht, wo ein Tumor entdeckt wurde. Also wurden einige Untersuchungen mit Biopsien in die Wege geleitet. Es gab keine eindeutigen Ergebnisse, so wurde beschlossen, dass der Lymphknoten rausoperiert wird. Es war eine sehr komplizierte OP und es war emotional belastend.
Schlussendlich wurde die Biopsie in Würzburg kontrolliert und dabei ist die Diagnose Morbus Castleman rausgekommen. Ich habe mich dann an die Hämatologie gewendet. Es hieß, dass es ein unizentrischer MC ist, weil nur ein Lymphknoten gewachsen ist und die Blutwerte nicht so auffällig sind. Allerdings ging es mir körperlich nicht viel besser und war enttäuscht, weil ich gehofft hatte, dass es nach der OP besser sein wird. Ende 2020 wurde erneut ein PET-CT gemacht, um sicher zu sein, dass die OP gut verlaufen ist, dabei wurde erneut ein aktiver Lymphknoten in einem anderen Bereich gefunden, somit wäre es ein multizentrischer MC. Im Februar 2021 wurde ich erneut operiert. Also kurz und knapp hat es 4 Jahre gedauert, bis es diagnostiziert wurde, und es war für mich ein sehr emotionaler und belastender Weg.
Wie ging es nach der Diagnose weiter?
Leider empfand ich es nicht zufriedenstellend. Es wurden kontinuierlich Blutwerte abgenommen und wie gesagt eine erneute PET-CT-Untersuchung durchgeführt, aber ich habe mich nicht ernstgenommen gefühlt, in Bezug darauf, dass ich noch immer teilweise, oft starke, Beeinträchtigungen hatte. Ich möchte dazu erwähnen, dass es verständlich ist, dass man noch vieles über diese Krankheit nicht weiß, aber ich hatte mir mehr Verständnis für meine Situation erwünscht.
Kürzlich haben Sie einen Spezialisten aufgesucht, der Ihnen die Diagnose multizentrischer Castleman überbrachte. Was ging in Ihnen vor?
Ich muss sagen, dass ich, nachdem ich die Erstdiagnose erhalten habe, mich nicht viel belesen habe, sondern mich eher auf die Ärzte verließ. Nachdem die zweite OP mir nicht viel mehr Erleichterung gebracht hat und es immer wieder heißt, man kann nichts mehr tun, habe ich versucht, mich im Internet schlau zu machen und bin dann auf das Carenity-Forum gestoßen, wo ich mich angemeldet habe und wirklich gute Artikel über MC gelesen habe und mir die Krankheit verständlicher wurde. Da bin ich auf Dr. Hoffmann gestoßen bzw. hat mich eine Mitpatientin darauf hingewiesen und ich muss gestehen, dass das Gespräch mit Dr. Hoffmann mir große Erleichterung brachte, weil ich mit meinen Vermutungen nicht falsch lag, somit war ich eher erleichtert als traurig. Er bot mir an, mit meiner Ärztin in Berlin zu sprechen und mit ihr zu einer Lösung zu kommen, was auch wirklich etwas gebracht hat.
Was sind die nächsten Schritte bezüglich Ihrer Behandlung?
Wenn alles gut geht, beginne ich am 26.5 mit der Infusionstherapie (Sylvant) und ich hoffe sehr, dass es mir helfen wird. (Anm. der Redaktion: Das Interview wurde im Mai geführt.)
Sind Sie mit Ihrer Betreuung (Termine, Diagnose und Behandlungen...) und mit den Informationen, die Sie über die Krankheit erhalten haben, zufrieden?
Wie erwähnt denke ich, dass es für die Ärzte nicht einfach ist, weil die Krankheit so selten und mehr oder weniger gar nicht bekannt ist. Daher denke ich, dass der Informationsfluss eher gering ist. Umso mehr bin ich dankbar, wenn es Ärzte gibt, die sich damit sehr gut oder immer besser auskennen, und man Gehör findet, auch wenn man dafür weite Wege hinlegen muss.
Wie geht es Ihnen aktuell?
Ich habe sehr mit der Müdigkeit und der Erschöpfung zu tun, was eine sehr große Herausforderung ist. Zurzeit habe ich Gott sei Dank nicht so oft erhöhte Temperaturen, dafür aber starke Übelkeit und leichtes Unwohlsein sowie leichte Muskelschmerzen.
Werden Sie von Ihrem Umfeld unterstützt?
Ich werde Gott sei Dank gut von meinem Umfeld unterstützt. Mein Mann hat sehr viel Geduld und Verständnis für meine Situation, genauso wie meine Freunde und meine Familie. Auch meine Gemeinde gibt mir Kraft und steht mir zur Seite.
Was möchten Sie anderen Erkrankten sagen?
Ich möchte jedem sagen, dass er auf seinen Körper und sein Gefühl hören soll, weil wir unseren Körper besser kennen als die Ärzte. Ich kann das Carenity-Forum empfehlen und die Morbus Castleman Facebookseiten, wo man sich austauschen kann. Gute Besserung, Gottes Segen und viel Kraft für den Weg, der oft nicht einfach ist. Bitte nicht aufgeben, gemeinsam sind wir stark.
Möchten Sie noch etwas hinzufügen?
Ich möchte mich herzlich bedanken für das Interesse an meiner Person und auch für das Forum, weil es mir/uns Möglichkeiten gibt, weiterzukommen, sich zu belesen und auszutauschen. Wirklich eine sehr tolle Arbeit. DANKE!